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[ Band 4 Brief 126: Humboldt an Caroline Chatillon, 8. Februar 1814 ]
bis in den Sommer hinein sähen wir uns gewiß. Du kannst vielleicht bloß durch die Schweiz durch nach Paris gehen, was mir unendlich am Herzen liegt, damit Du Schlabrendorff siehst. Es ist die Frage, ob Caroline nicht lieber in der Schweiz bliebe, dann ließest Du sie mit Hermann da. Die beiden anderen Mädchen blieben gewiß nicht zurück, und ich sehe vor mir, mit welchen großen Augen mir Adelheid, wenn ich ihr den Vorschlag machte, sagen würde: »O Vater!« Sage auch Carolinen nichts, aber mich dünkt, sie protestierte immer gegen Paris, und ein stilles, einsames Leben in der Schweiz in einer guten Familie, mit Aufsicht auf ihren kleinen Bruder verbunden, wäre vielleicht sogar eine recht bildende Lage für sie. Es wäre doch wirklich gut, wenn sie, ehe sie heiratete, und auch für den Fall, daß sie nie heiratete, einigermaßen einmal in einer selbständigen Lage wäre, wo sie nur in sich selbst Rat schöpfen könnte. So schlössest Du den langen Kreisgang aus Paris nach Paris, wie alles im Leben kreist und sich schließt. Oh, süße, teure Li, warum kann ich nicht mit Dir von dem allen reden und Deine liebe, hübsche, sinnige Stirne küssen? Habe mich lieb auch in der Ferne, und denke, daß daran mein ganzes inneres Glück hängt. Diese wundervolle Einfachheit des innersten Daseins ist es, was einem noch außer allem Persönlichen so namenlos daran fesselt. Ein Gedanke, eine Empfindung, und wenn die abgeschnitten würde, werden könnte, nichts, nichts überall, eine bloße Leere und Öde. In mir ist dies vielleicht mehr so als in anderen, nicht, daß ich mir anmaßte, das eine stärker zu empfinden als andere, und vor allem als Du, aber weil, wie Du mich kennst, sonst immer ruhig und gleichmütig, gewohnt, alles anzusehen wie ein Mensch, der vorübergeht und weiß, daß er keine bleibende Stätte haben 242