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[   Band 4 Brief 125:    Humboldt an Caroline    Chatillon, 7. Februar 1814   ]


die größte Göttin, und ich habe nun einmal weder Galle noch
anderen Haß, als einen ganz moralisch räsonnierten. Diese Art
zu sein kommt mir um so mehr zu Hilfe, als der Zufall mich oft
in den Konferenzen mit Caulaincourt ins Gespräch führt.
Ich muß hier abbrechen.
Lebe wohl, süßes Kind.


126. Humboldt an Caroline                 Chatillon, 8. Februar 1814

Das Wetter hat sich gelöst, der Schnee und das Eis sind
fort, und eine milde Frühlingsluft führt eine unendliche
Sehnsucht dem Herzen zu. In mir hat, als wenn die
innersten Empfindungen mit den Elementen in Harmonie ständen,
ein Traum diese Sehnsucht unendlich mehr noch angefacht. Ich
träumte, daß ich mit Dir war. . . .
Ja, liebe, teure Seele, wann werden wir uns wiedersehen?
Diese gegenseitige Sehnsucht rührt mich um so viel tiefer, weil wir
uns bewußt sind, daß wir nie den Vorwurf verdienen, die Zeit,
die wir beisammen sind, nicht eben so unendlich zu schätzen und
für unser Zusammensein zu benutzen. Auch darum ist mir die
Frühlingsluft heute wie ein Hauch Deiner Nähe, innig geliebtes
Wesen; denn der Mai muß uns, denke ich, genähert haben, wie
auch immer die Umstände kommen mögen.
Überlege recht genau, was Du tun willst. Willst Du die
Reise in die böhmischen Bäder aufgeben, so komme in die Schweiz.
Wegen Carolinens Gesundheit könntest Du Ebel um Rat fragen,
er ist in Zürich. Ich wünschte Dir unendlich den Genuß einer
neuen, großen und wunderbaren Natur. Auch auf die Kinder
würde es gut wirken. Du wärest Theodorn und mir näher, und

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