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[ Band 4 Brief 125: Humboldt an Caroline Chatillon, 7. Februar 1814 ]
Caulaincourt, beschäftigt ist, und man bei der Nähe der Höfe alle Abend Kuriere oder Estafetten abfertigt, so muß man bis 2, 3 Uhr schreiben. Den Morgen kommen Besuche, und so weiß man keinen Augenblick Zeit zur eigenen Arbeit zu finden. Nur ein Leben, in dem man eigentlich wenig zu tun und viel Zeit zu ver- splittern hat, kann von dieser Art sein. Die wahren Geschäfte sind nie so zeitraubend, und die Versplitterung ist wieder unvermeidlich, sobald man alles gemeinschaftlich mit fünf andern Menschen zu tun hat. Indes bin ich mit diesen unendlich zufrieden. Es herrscht die größte Einigkeit unter uns, es ist leicht, sich zu verständigen, und man lebt noch angenehmer, wenn auch nicht gerade Geschäfte einen zusammenführen. Mit Stadion bin ich in der höchsten Vertraulichkeit. Castlereagh behandelt mich sehr freundschaftlich, mit Vertrauen und mit sichtbarer Auszeichnung. Er hat ein höchst englisches Wesen, aber bringt auch zu den Geschäften allen den Ernst und die Gründlichkeit mit, welche sie erfordern. Caulaincourt ist der leidende Teil. Seine Rolle ist höchst peinlich, das kann man ihm nicht ableugnen. Er kann nur mit Mühe, was in ihm vorgeht, verbergen, ist indes sehr höflich und nimmt sich recht gut. Wir essen, ehe die Reihe herum ist, alle Tage mit ihm, eben nicht die amüsanteste Partie für alle Teile. Nächsten Freitag kommt es an mich, was mir viel Umstände macht. Es sind 20—22 Personen. *) Mit den Kriegsoperationen geht es sehr gut. Jeden Tag kommt eine unangenehme Nachricht mehr für die Franzosen. Caulaincourt ist gegen mich zwar ebenso höflich als gegen alle anderen, aber man sieht doch ihm immer an, daß ihm Prag noch in den Gliedern sitzt. Ich dagegen bin, wie ich immer bin, ohne alle Leidenschaft, höchst ruhig, und vermeide jedes Wort, das ihn beleidigen oder ihm wehtun könnte. Die Nemesis bleibt mir immer ——— *) Die Kosten dieses Mahles beliefen sich auf 830 Frank. 240