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[ Band 4 Brief 121: Humboldt an Caroline Langres, 30. Januar 1814 ]
121. Humboldt an Caroline Langres, 30. Januar 1814 Du wirst, liebe Li, aus meinem gestrigen Briefe gesehen haben, daß ich ernannt bin, zu den vorläufigen Unter- handlungen nach Chatillon zu gehen. Denn so muß man sie eigentlich nennen, nicht Kongreß, der nicht ohne Hinzukunft aller Verbündeten stattfinden könnte. Ich gehe am Mittwoch, den 2., ab, um am 3. da zu sein. . . . Caroline antworte ich bald, danke ihr indes sehr für ihren Brief. Ich habe nur nicht immer Zeit, sonst täte ich es sehr gern öfter. Viel Zeit vergeht mir mit Dingen, die eigentlich gar nicht zu meinem Amt gehören, sondern das Steinsche angehen. Stein hat bei großen und guten Eigenschaften die schlimme, daß er alle Leute, die ihm Langeweile machen, sehr en humeur anfährt, darum scheuen sie ihn wie die Pest und kommen dann zu mir. So kam, stell Dir vor, was mich sehr hat lachen machen, ein Kammerrat des Fürsten von Reuß hier in Langres zu mir. Er hieß Zopf, und seine Figur war komisch wie sein Name. Ein langer, hagerer Mensch mit einem über die Unterlippe vorstehenden Zahn, wie der, den die Gräen nach Hesiodos sich umzechig leihen. Wie er mir nun seine Sache gesagt hatte, und ich dem armen Menschen wenigstens mit zwei Worten bedeutet hatte, daß er nicht im wilden Frankreich weiter herumzureisen brauche, sondern eins seiner Gesuche nicht erfüllt werden könne, das andere auch ohne ihn durch mich es werden sollte, sagte er mir, daß er bei Stein gewesen sei. Ich erwidere: »Nun, dann wissen Sie ja viel besser, wie alles steht.« »Ach,« sagte er, »der Herr ist nicht so gnädig und leutselig wie Euer Exzellenz, er hat mich gleich so angefahren, daß einem aller Mut vergeht, noch ein Wort zu sagen.« So wäre also der unglückliche Mensch von Plauen bis Langres gereist, um fünf Minuten lang sich anfahren zu lassen und gar 233