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[ Band 4 Brief 120: Humboldt an Caroline Lure, 25. Januar 1814 ]
haupt mußt Du nicht denken, daß ich irgend leide. Dies war einer der schlimmsten Tage, und ich habe unausgesetzt und trotz aller Löcher unbeweglich im Wagen gesessen, heraus ordiniert, mich ge- freut, auf solche Weise in Frankreich ganz kühn den Weg gegen Paris zu reisen, an dich und die Kinder gedacht und recht eigentlich das Leben genossen. Gestern morgen reiste ich dann nach Lure, wo ich den Kanzler fand. Von Lure fuhr ich nach Vesoul, stieg gleich beim Kanzler ab und aß sehr vergnügt mit ihm. Das Souper war nicht sonderlich, aber der Restaurateur, der es brachte, sagte einige himmlische Phrasen. So bestellte ich sechs Wachslichter. Er ver- sicherte, sie sollten gleich kommen. Darauf kam er mit sechs Talg- lichtern hereingezogen und sagte mir ins Ohr: »J’apporte des chandelles, mais qui jouent la bougie, tant elles sont belles.« Sie rochen gräßlich. Heute morgen bin ich von Vesoul hierhergefahren und über- nachte hier und gehe morgen nach Langres, von wo ich erst diesen Brief abschicken kann. Denn die drei Souveräne sind noch da. Die Stimmung bei den Leuten, die ich in Frankreich ge- sprochen, ist überall dieselbe. Die höchste Unzufriedenheit mit dem Kaiser, fast gänzliche Gleichgültigkeit über die Art, wie der Friede geschlossen werden möchte, und nur der heiße Wunsch, ihn, sobald als immer möglich, zustande kommen zu sehen. Die meisten sagen unverhohlen, daß die Alliierten die Macht haben zu tun, was sie wollen, daß der Friede nicht sicher ist, wenn sie den Kaiser auf dem Thron lassen, und daß weder ihnen noch uns sehr geholfen sein wird, wenn man nicht darin eine Änderung trifft. In diesem Ort hier ist der Sohn meines Wirtes der einzige junge Mensch, er mag ungefähr 20 Jahr alt sein; von allen in dem letzten Jahre gestellten ist kein einziger zurückgekommen. Der Ort gab vor der Revolution 1200 Livres Steuern und gibt jetzt 6000. 231