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[ Band 4 Brief 90: Humboldt an Caroline Frankfurt, 18. November 1813 ]
mann gefallen würde, wäre der gleichsam kindische Ursprung der Neigung *). Eine Liebe hat doch eine frischere Kraft und auch eine geheimnisvollere Schönheit, wenn das vorher Unbekannte sich in voller Jugend begegnet. Es ließe sich überhaupt über das Heiraten ein Buch schreiben, es ist in vieler Rücksicht oft eine wehmütige, und doch die schönste und himmlischste Einrichtung, die es unter Menschen gibt, und die auch ebenso wenig als das Denken, Empfinden und Sprechen von Menschen herrührt. Man hat eigentlich nicht gelebt, wenn man sie nicht erfahren und sich ihr eigentlich ganz hingegeben hat, ob sie gleich auch immer die Gefahr mit sich führt, das Leben zu ver- stimmen und zu [abgerissen]. Wenn ich im ganzen bei Männern wenig dafür bin, so ist’s nur, weil die meisten, auch wirklich ver- heiratet, doch nie in das eigentliche Wesen der Verbindung ein- dringen und alsdann freilich nur Schaden davontragen. Küsse dem lieben Kinde im stillen die Stirn von mir. Ich liebe sie unendlich. Was Du mir über die gestorbenen Kinder **) schreibst, hat mich unendlich tief gerührt und ist sehr schön. Ich denke unglaublich oft an Wilhelm und Gustav und nie ohne den Schmerz am Herzen, den Du kennst, und der mich dann manchmal plötzlich mitten unter Menschen ergreift. . . . 91. Humboldt an Caroline Frankfurt, 19. November 1813 Es ist mir schon oft auffallend gewesen, wie so viele Leute mich entweder bloß oder doch hauptsächlich von der Seite des Scherzes her kennen. Ich bin gewiß sehr glücklich ——— *) Adelheid, geb. 1800, war 11 Jahr alt, als Hedemann sie zuerst in Wien sah und liebte. **) Wilhelm, geb. Jena 1794, † Ariccia bei Rom 1803. Luise, geb. und † 1804 in Paris. Gustav, geb. 1806, † 1807 in Rom. 177