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[ Band 4 Brief 84: Humboldt an Caroline Frankfurt, 7. November 1813 ]
Concordia-Orden *), freundliche Gesichter gegen uns, aber trüb- selig in sich. Nach geendigtem Gottesdienst ging der ganze Zug zum Hause des Kaisers von Russland. Man stieg wieder ab, beide Souveräne, und wir alle blieben unten vor dem Hause stehen, alle hier befindliche österreichische Infanterie und die russische Garde zu Pferde marschierten vorbei, und nachher machte der Kaiser Franz dem Kaiser Alexander oben in seinen Zimmern einen Besuch. Nach diesem begleiteten wir, die wir zum Kaiser von Österreich gehören, noch diesen nach Hause, und so war der Tag geendigt. Nun war den Abend noch eine Illumination in der ganzen Stadt und im Theater »Titus«. In diesem Stück sind, wie ich höre — denn mir genügte die Freude des Morgens — noch göttliche Anspielungen gewesen. Als Titus’ Hofleute ihm den Titel »Vater des Vaterlandes« geben, lehnt er ihn höflich von sich ab, sagt, er gebührt nicht ihm, sondern den erhabenen Monarchen, die als Sieger zur Befreiung der Welt kamen, und nun wenden sich die zurechtgewiesenen Hofleute an den rechten Ort und bringen ihr Heil und ihre Huldigung an. Gentz findet an meinen Briefen ganz besonderes Gefallen? Aber mit den Versen habe ich sicher recht, und hätte ich’s auch nicht, so ist es mein Gefühl so. Ich habe immer nur das Individuelle und Eigene im einzelnen Menschen geschätzt und immer unglaublich mehr das bloß Idealische als das Wirkliche und tue es noch. Was ich jetzt und nun seit Jahren treibe, ist mir im Grunde fremd und stammt nur so nebenher aus meinem Innern. Folgte ich meiner Neigung, lebte ich lieber im verborgensten Winkel für mich mit denen, die ich liebe. Ich würde mir auch keine Gewissensbisse daraus machen, denn ich habe darin meinen eigenen Maßstab und ——— *) Der Concordia-Orden, 1812 von Dalberg gestiftet, »um die Staaten- eintracht zu feiern«, bestand aus einer Medaille am grünen Bande. 163