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[ Band 4 Brief 75: Humboldt an Caroline Rötha, 19. Oktober 1813 ]
Allein der Kronprinz war noch nicht heran, Bennigsen auch nicht und Colloredos *) Division erst so spät, daß seine Truppen ausruhen mußten. Man griff also am 17. nicht an, und es fielen da nur unbedeutende Dinge vor. Am 18. waren alle Truppen herange- kommen, und das Gefecht begann mit Tagesanbruch. Schon um 10 Uhr fing der Feind an, etwas zu weichen. Allein er hielt sich noch in zwei Dörfern, Probstheida und Stötteritz, und besonders bei einer Windmühle. Um nicht unnütz Menschen zu verlieren, ließ man ihn für den Abend dort. Heute früh endlich war die Retraite durch Leipzig allgemein, sie ist in solchem Gedränge und solcher Verwirrung geschehen, daß der Fürst Poniatowski in der Pleiße ertrunken oder vielmehr im Schlamm erstickt ist. Da die Brücke besetzt war, setzte er mit seinem Pferde in den Fluß. Das Tier konnte sich aus dem Schlamm nicht herausarbeiten und wälzte ihn herab, so daß er auf diese Weise jämmerlich umkam. Lauriston ist gefangen. Die Folgen dieser Schlacht sind jetzt noch nicht zu berechnen und vorauszusehen, sie müssen aber sehr groß sein. Schwarzenberg, der, wie ich Dir schon schrieb, nun alle möglichen Orden hat, sagte mir heute abend, daß die Preußen unglaublich tapfer gefochten haben. Allein ihr Verlust ist auch der größeste. Eine Brigade hat 175 Offiziere verloren. Es ist ein wirklich erhebendes Gefühl, daß im Grunde den Preußen vorzugsweise alle diese Vorteile und Siege zugeschrieben werden müssen. Nicht gerade, als hätten die anderen Truppen nicht gleichen Anteil daran gehabt, wie gewiß wahr ist. Aber hätte die kleine Schar nicht bei Lützen und Bautzen so mannhaft widerstanden, hätte sie dadurch nicht dem Feinde Achtung für sich und den Verbündeten Vertrauen eingeflößt, wir wären nie zu einem Wiederanfang der Feindseligkeiten gekommen. ——— *) Hieronymus Graf v. Colloredo-Mansfeld, geb. 1775, † 1822, komman- dierte das I. österreichische Armeekorps. 145