< zurück Inhalt vor >
[ Band 4 Brief 75: Humboldt an Caroline Rötha, 19. Oktober 1813 ]
Jetzt beweisen und vermehren sie bei jeder Gelegenheit den alten Ruhm, und jeder, den man spricht, macht notwendig auf jeden Gutgesinnten und richtig Urteilenden einen beinah rührenden Eindruck. Sie sind überall bei der bewiesenen Tapferkeit die bescheidensten, billigsten und mäßigsten. Wenn Preußen sogar nicht am Ende dieses Krieges einen so ungeheuren physischen Vorteil davon trüge, so wäre der moralische Gewinn an Ruhm und Ehre schon allein alles wert. Wenn ich jetzt für mich zurückdenke, wie man mich oft in Prag bestritten hat, wenn ich die Fortsetzung des Krieges wünschte, so muß ich lächeln. Ich behaupte darum gar nicht, die glücklichen Ereignisse vorausgesehen zu haben, allein ich habe vorausgesehen, was sich mit Gewißheit voraussagen ließ, daß alle Armeen sich gut und vortrefflich schlagen würden und daß dem festen Willen alles endlich weichen muß. Überhaupt aber habe ich nie so ängstlich an den Erfolg gedacht und tue es noch nicht. Man unternehme das Rechte und setze alle Kraft daran, die man hat, und der Gewinn ist immer unermeßlich, wie auch das Schicksal den Erfolg krönen mag oder nicht. Darum denke ich auch viel anders als die meisten. So oft höre ich jetzt, daß es gut war, daß man sich in die Schmach der Knechtschaft ergab, weil nun erst, nach dem Rückzug von Moskau das Auflehnen gegen die Übermacht gelingen konnte, und ich störe solche Räsonnements ungern. Denn wenn das Wohl- tätige wie jetzt emporzukeimen beginnt, muß man vergessen, was vorher war, und es hegen und loben. Aber die Schmach ist vor meinem inneren Sein darum nicht mehr gerechtfertigt; hätte man früher mit rechtem Sinn angefangen, wäre es auch früher gelungen, und hinderte auch jetzt noch das völlige Gelingen irgend etwas, wäre es darum nicht minder recht, getan zu haben, was geschehen ist. Napoleon scheint übrigens in diesen Tagen unter seinem alten Ruf gewesen zu sein. Kein Mensch begreift, was er eigentlich 146