< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 4 Brief 74:    Humboldt an Caroline    Rötha, 19. Oktober 1813   ]


wird, vom 16. bis 18. 200 Kanonen in unsere Hände gefallen sind.
Das Schlachtfeld soll mit Toten dick bedeckt sein. Der König von
Sachsen ist in Leipzig und also gefangen. Er hat den Kaiser
Alexander sehen wollen, dieser aber hat es abgelehnt. Als einige
Bomben in Leipzig hinein fielen, saß er in einem Keller.
Ich kann Dir heute nicht mehr sagen, mein einzig liebes Wesen.
Ich bin wohl und denke unaufhörlich an Dich, und wie Du Dich
freuen wirst. Theodor scheint nicht hier zu sein. Die Garden und
die ganze Reserve haben nicht Teil am Gefecht genommen.
Wenzel, der neben mir sitzt, sagt, wie Du Dich über den Sieg
freuen würdest! Ja, liebe, teure Seele, wenn auch der Kampf
noch nicht ausgefochten ist, so sind doch die Hauptschläge geschehen.
Sehr schön muß es heute in Leipzig gewesen sein. Alle Generale
aller Armeen waren dort beinahe zusammen. Fürst Schwarzenberg,
der eben hereintritt, hat heute auch den Schwarzen Adlerorden und
das Großkreuz des Georgenordens bekommen.
Lebe nun wohl, innigstgeliebtes Wesen. Ich soll die Nacht
sehr schlecht wohnen, sagt mein Feldjäger, aber das tut nichts
unter diesen Umständen; wenn ich nicht schlafen kann, werde ich
an Dich denken und an die glücklichere Zeit, die sich nun eröffnet,
und der Du und die Kinder entgegenleben. Ich wünschte sehr,
den König zu sehen, ich weiß aber nicht, ob es wird morgen ge-
schehen können. Umarme die Kinder und grüße Caroline.
Ewig Dein 


75. Humboldt an Caroline               Rötha, 19. Oktober 1813

Ich habe Dir heute zwar schon zweimal geschrieben, liebe
Li, aber in solcher Verwirrung und Kürze, daß ich es
unmöglich für etwas rechnen kann. Jetzt ist es spät, ich
komme von Metternich und sitze in einer recht reinlichen Bauern-

                                                                       143