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[   Band 4 Brief 66:    Humboldt an Caroline    Teplitz, 2. Oktober 1813   ]


der Perlustration *) bedürften, ist eine unabzuleugnende Tatsache. Das
Durchlesen ist mir ganz gleichgültig. Weder Du noch ich schreiben
etwas, an dessen Nichtkenntnis uns gelegen sein könnte. Aber
schändlich finde ich es, wenn man darum die Briefe länger als
um eine Stunde verspätete. . . .
Wenn Du den Gang der öffentlichen, vorzüglich der Kriegs-
begebenheiten siehst, so wirst Du ohne mein Bemerken finden, daß
darin eine gewisse Lahmheit ist, die noch mehr verderblich werden
würde, wenn uns das Glück nicht sichtbar beschützte, Blücher und
Gneisenau sich nicht vortrefflich benähmen, und bei der Armee des
Kronprinzen die Preußen nicht Wunder der Tapferkeit getan
hätten. Große Intrigen gehen hier nicht vor, und eben darum
muß man auch keine Krisen erwarten. Die Räder, die erst schlecht
zusammen gingen, haben sich nun so eingelaufen, daß sie nicht
mehr hervorbringen, aber weniger knarren. Was geschehen sollte,
geschieht wohl gewissermaßen, wie man denn wirklich nunmehr links
nach Sachsen hineingeht, aber es geschieht langsam und halb. So
bringt die Armee bis Komotau vier Tage zu. Wenn, wie es scheint,
aber noch nicht gewiß ist, Napoleon sich zurückzieht, so ist es immer
sehr verderblich, daß wir noch nicht draußen sind, um ihn zu emp-
fangen und auf dem Rückzuge selbst zu zerstören. —
In den politischen Verhandlungen herrscht zwar wohl mehr
Tätigkeit, allein auch über sie ist viel zu sagen. So sehr gute
Seiten Metternich hat, so ist es schlimm, daß er gewissermaßen die
Diskussion scheut, und da er sie mehr von uns fürchtet und erwartet
als von Nesselrode **), mit dem er sehr leicht fertig wird, so ist oft
zwischen Rußland und Österreich die Initiative genommen, ehe
Preußen mitreden kann, das überhaupt nicht eines dem überwiegenden
Verdienste, das es für die gemeinschaftliche Sache hat, angemessenen

———
*) Durchmusterung.
**) Vgl. S. 29.

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