< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 4 Brief 40:    Humboldt an Caroline    Prag, 25. Julius 1813   ]


hat offenbar keine andere Absicht, als eine neue Verlängerung des
Waffenstillstandes. Diese aber wird ihm nicht gelingen; denn
Österreich muß sich bis zum 10. erklären und fühlt auch selbst die
Notwendigkeit so sehr, daß es gewiß keinen solchen Antrag er-
hören wird. Wenn man Metternich reden hört, so ist an nichts
anderes, als an den Krieg zu denken, mir ist die Sache für Österreich
aber doch noch nicht ganz entschieden. Denn so wie Napoleon
plötzlich über den Punkt im Waffenstillstande nachgegeben hat,
kann er es auch in Ansehung der von Österreich gewünschten
Friedensbedingungen tun, und dann steht die Sache mißlich. Es
ist freilich wahr, daß Österreich in der möglichst schlimmen Lage
ist, wenn alsdann wir den Krieg fortsetzen, und wenn Metternich
bisher in diesem Fall der Meinung war, Frieden zu machen, so
kam es wohl daher, weil er glaubte, wir würden nie den Mut haben,
allein fortzufahren. Seit den Unterredungen in Trachenberg aber
und den letzten Ereignissen in Spanien hat er diese Meinung ver-
mutlich verloren, und Gentz z. B. glaubt gewiß, daß er jetzt nicht
Frieden machen würde, wenn er es nicht zugleich mit uns tun könne.
Indes sehe ich noch anders und werde mich vor dem 10. des Allianz-
traktats, des Ziels aller unserer Wünsche und aller meiner Be-
strebungen seit vorigem Herbst, nicht gewiß halten. Ich hoffe immer
wie sonst alles einzig und allein von der Hartnäckigkeit Napoleons.
So, liebe, teure Seele, weißt Du alles und weit mehr als
die meisten Sterblichen hier. Ich weiß, daß es bei Dir gut auf-
bewahrt ist, und spreche gern mit Dir über das, was Dir und mir
so nahe am Herzen liegt. Ich habe erfahren, daß Lebzeltern selbst
nach Wien geht, und so habe ich Dir sagen können, was sonst
unmöglich gewesen wäre. Ich antworte aus dem gleichen Grunde
auch auf Deinen neulichen, mir durch Hardenberg zugekommenen
Brief heute umständlicher. Ich werde nicht versäumen, Schritte zu
tun, um ins Innere, d. h. sei es auch als Kabinettsminister zum

                                                                       76