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[ Band 4 Brief 36: Humboldt an Caroline Prag, 19. Julius 1813 ]
36. Humboldt an Caroline Prag, 19. Julius 1813 Endlich scheint es mit den französischen Bevollmächtigten in Gang zu kommen. Caulaincourt und Narbonne sind er- nannt, allein der erstere freilich noch nicht da. Sie sollen große Häuser hier machen, wir werden wohl in unserer demütigen Bescheidenheit bleiben. Ich habe jetzt alle Deine lieben Briefe. . . . Pauline, die ich in Ratiborschitz gesehen, ist ganz entzückt von Dir und versichert, daß Ihr beide ganz eines Sinnes seid. Es ist immer sonderbar zu sehen, wie Menschen, die von dem ganzen Dasein eines andern gar keinen Begriff haben, sich nun so an einer Seite festhalten, und sich einbilden, sie hätten damit alles. Einem so unendlich reichen Wesen, wie Du bist, muß es mehr als irgend einem Menschen auf Erden so gehen, und ich habe es oft erlebt. Die kleine Levi *) ist hier, und Gentz hat sie gesehen. Ich habe es so hingehen lassen und werde es auch. Was nie für die Ewigkeit gemacht war, muß man einmal abbrechen. Sie wohnt hier bei einer Schauspielerin. Was sie weiter für Plane hat, weiß ich nicht. . . . Gentz ist seit einigen Tagen hier, und immer bei Metternich. Indes sehe ich ihn auch täglich. Es wäre viel über ihn mündlich mit Dir zu sprechen. Die Menschen sind sonderbar, und es gehört viel eigene Stimmung dazu, immer unverändert unter ihnen hinzu- gehen. Hier bin ich in einer wahren Wüste und in schwieriger Lage von tausend Seiten. . . . Ich sehne mich jetzt unglaublich nach Dir. Wenn die Sachen jetzt einen Gang nehmen, der zum Gedeihen führt, so mag man auch eine Zwischenzeit länger oder kürzer in Nacht und Nebel herumirren, man wagt und erduldet dann alles. Aber, wenn es keine Zeit mehr gäbe, wo ich noch Jahre still und ruhig und nur vor allem ungetrennt mit Dir verbrächte, mein innigst- ——— *) Rahel Levin, geb. 1771, † 1833. 69