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[   Band 4 Brief 34:    Caroline an Humboldt     Wien, 19. Julius 1813   ]


Du mir durch alles wirst, was Du mir über Deine Stimmung und
alles das, was Du hoffst und fürchtest, schreibst. Nicht, daß ich
es nicht von Dir erwartet und gewußt hätte, o nein, doch ist es
süß, das alles vielfach zu hören.
Mir ist schon tausendmal eingefallen, und da ich den Brief
für sicher halte, will ich’s heraussagen: (Du brauchst ja gar nicht
darauf zu antworten) ob nicht noch jetzt mit Bayern zu negoziieren
wäre? Ich weiß, daß der hier von Bayern Beauftragte noch jetzt
wie zweifelhaft tut. Oh, warum hat Österreich sich dieser nicht un-
bedeutenden Macht versichert! Mit ihr könnte trotz der gewiß sehr
großen Macht der Feinde der Ausgang nicht zweifelhaft sein, und
welch ein Gewicht könnte man haben, Bayern für seine Grenze gegen
Österreich durch andere Rheinbundstaaten näher dem Rhein zu ent-
schädigen und zu vergrößern? Mir kommt es so vor, als wenn
es außer den Österreichern, die sich doch selbst einmal weit mehr
als Österreicher als als Deutsche betrachten, nur zwei Kronen
in Deutschlands Völkern gäbe: Bayern und Preußen, Süd- und
Norddeutschland. Die übrigen sind eine Art Teig, den diese Zentral-
punkte an sich ziehen werden und müssen. Kann man Bayern
nicht noch zurückgewinnen? . . .


35.                               [Wien], 19. Julius 1813, abends 11 Uhr

Es ist mir nicht möglich gewesen, früher zu Dir zurück-
zukommen, mein teures, treues und geliebtes Herz. Es
waren Leute bei mir, klebrichter Natur, und erst eben jetzt
bin ich fertig geworden. Tausend Dank für alles, zähle ganz auf
meine Diskretion. Allein was die spanischen Gerüchte *) betrifft,
so ist die ganze Stadt seit acht Tagen immer crescendo voll davon,

———
*) Joseph Bonaparte hatte am 27. Mai Madrid verlassen. Am
21. Juni siegte Wellington bei Vitoria und zwang die Franzosen, über die
Pyrenäen zurückzugehen.

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