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[ Band 4 Brief 32: Humboldt an Caroline Prag, 16. Julius 1813 ]
abgemacht werden, so hätte ich auch von dieser Seite lieber gesehen, daß dieser Anstoß nicht gewesen wäre, der für die Franzosen dadurch größer wird, daß Anstett ein geborener Elsässer ist. Wenn Na- poleon zurückkommt, kann die Sache eine neue Wendung nehmen. Im wesentlichen kann ich nicht unzufrieden sein. Metternich und der Kaiser halten den Krieg für unvermeidlich, Gentz ist gleicher Meinung, und ich glaube, man wird zu diesem Ziel kommen. Metternich ist ungemein liebenswürdig gegen mich. Ich bin auf seine Bitten gestern um 10 Uhr abends zu ihm gegangen, und er scheint das so fort einführen zu wollen, da er mich heute wieder gebeten hat, und wir sind bis 1 Uhr, er, Gentz und ich, spazieren gegangen. Wir haben immer über diese wichtigsten Dinge ge- sprochen, und Du würdest das Gespräch merkwürdig genug gefunden haben. Wenn man aber auch mit Metternich nicht immer einerlei Meinung ist, so hört er immer, geht immer ein und ist nie unbillig. Schade ist’s, daß er nicht den frischen Lebensmut mehr hat, der große Geschäfte so mit eigener Lust ergreift. Er wünscht sich unglaublich in Ruhe zurück, wie ein Reisender nach einer langen Fahrt. Mein Fall ist das nie. Ich habe sogar eine Lust an der Verwickelung, die ich oft zurückhalten muß, und Teilnahme an großen und hinreißenden Begebenheiten reizt mich, wie den Mann das Eisen. *) Ich würde das an mir mißbilligen, wenn ich nicht auch gleich gern in ganz verborgener Einsamkeit lebte. Es geht mir mit den Lagen des Lebens wie mit den Städten; ich liebe immer die, in der ich bin, und das Leben zieht mich wie ein reiches Schauspiel an, in dem auch der Schmerz ein erhaben ent- zückendes Gefühl ist, und aus dem man, wie aus dem Werke des Dichters schöne Verse im Gedächtnis nach Hause, so festgeknüpfte Verbindungen mit großen und schönen Charakteren im Herzen ins Grab nimmt. ——— *) Homer-Zitat. 63