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[ Band 4 Brief 17: Humboldt an Caroline Reichenbach, 13. Junius 1813 ]
Über die politische Lage begreifst Du, daß ich Dir nicht schreiben kann. Aber glaube mir, daß ich nicht müßig bin, und daß ich nur zum Kraftvollen rate. Ich werde das auch ferner tun und mit aller Macht arbeiten. Vielleicht geht es, geht es nicht, so werde ich an meine Ehre denken und an die Festigkeit, mit der man Grundsätze behaupten muß, und Du wirst mich gewiß billigen. Fast keiner denkt so edel und fest in solchen Dingen als Du. Der entscheidende Augenblick ist gekommen, und je ruhiger und heiterer ich bin und bleibe, je mehr ich außer allen diesen Dingen leben könnte, ohne in meinem Innern eine Lücke zu fühlen, desto entschiedener werde ich handeln, da ich darin bin. Der König ist sehr gut gesinnt, und ich habe auch bei ihm schon einige dreiste Schritte gemacht. Ich habe den Brief nicht fortsetzen können, liebe Li, und muß ihn schließen, da Stadion eben einen Kurier schickt. Ich sage Dir nur noch, daß Woronzow *) bei Leipzig ein sehr glückliches Gefecht gehabt und 700 bis 800 Gefangene gemacht hat. Er hätte Arrighi **) mit seinem ganzen Detachement genommen, wenn nicht mitten im Gefecht die Nachricht des Waffenstillstandes gekommen wäre. Heute —— dies bleibt unter uns — ist unser Allianztraktat mit England abgeschlossen. Ich habe sehr viel dazu getrieben und die Zweifel zerstreut. Es ist ein entscheidender Schritt, um nach dem Waffenstillstand zu zeigen, daß man nicht nach Frieden hinsteuert. Ich habe Stein schon viel gesehen. Er ist sehr gut mit mir Er hat mir heute gesagt, daß ich wie ein St. Elmsfeuer wäre, das sich auf den Masten der Schiffe zeige, wenn Sturm ist. Ist das nicht eine hübsche Vergleichung? Lebe wohl, innigstgeliebte Seele, umarme alle Kinder! Ewig Dein ——— *) Michael Graf Woronzow, geb. 1782, † 1856. **) Herzog von Padua, geb. 1778, † 1853, Korse, Verwandter Napoleons. 27