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[   Band 4 Brief 17:    Humboldt an Caroline    Reichenbach, 13. Junius 1813   ]


Gneisenau *) ist nämlich hier und seine Frau hat ein Gut zwischen
Hirschberg und hier. Ihr gleichfalls verwundeter und nur fünfzehn-
jähriger Sohn (er soll zum Eisernen Kreuz vorgeschlagen sein) ist in
derselben Eskadron mit Theodor. Der Mann hat mir versprochen,
daß die Frau meinen Brief nach Hirschberg besorgen und Theodor
auf alle Weise aufsuchen lassen wird. Mir selbst ist nach Hirsch-
berg zu gehen durchaus unmöglich. Ich möchte mich schon hier
in Stücke teilen.
Es sind noch unmittelbar vor dem Waffenstillstand mehrere
hübsche Gefechte gewesen. Bülow hat am 4. Oudinot gänzlich
geschlagen, das Lützowsche Korps hat sich im Vogtlande ausge-
zeichnet. Ich möchte Dir gern Details davon schicken, allein man
bekommt hier selbst keine und ist in größerer Unwissenheit, als wir
in Wien waren. Gott weiß, woran es liegt, allein man sorgt für
gar keine Mitteilungen. Durch den Waffenstillstand hört nun alle
Möglichkeit solcher Gefechte im Rücken des Feindes auf. Der
Waffenstillstand wird hier so allgemein getadelt, daß es ordentlich
künstlich scheint, wie er zustande gekommen ist. Die Armeen sind
im prächtigsten Zustand, die Russen haben überaus große Ver-
stärkungen erhalten. Von uns werden solche Anstrengungen ge-
macht, daß man am Ende des Waffenstillstandes mit den Land-
wehren 200000 Mann fast vollzählig an uns allein haben wird.
Götzen **) und Altenstein ***) sind suspendiert vom Militärgouverne-
ment, und Gneisenau und Merkel haben ihre Stellen. Gneisenau
ist von unglaublicher Tätigkeit.

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*) August Wilhelm Anton, seit 1814 Graf Neithard v. Gneisenau,
geb. 1760, † 1831.
**) Friedrich Graf v. Goetzen, geb. 1767, † 1820, Generalgouverneur
von Schlesien.
***) Freiherr v. Altenstein, geb. 1770, † 1840, preußischer Finanzminister
bis 1810.

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