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[ Band 4 Brief 18: Humboldt an Caroline Reichenbach, 17. Junius 1813 ]
18. Humboldt an Caroline Reichenbach, 17. Junius 1813 Ich sitze hier, teure Li, nachdem ich die ersten Tage in großer Tätigkeit gewesen bin, jetzt ziemlich müßig. Der König ist gestern mit seinen Kindern nach Neiße gegangen und kommt erst morgen wieder; der Kaiser ist nach Opotschna gereist, einem Colloredoschen Gute in Böhmen nahe an unserer Grenze, wo seine Schwestern hinkommen. Stadion hat ihn begleitet, und es soll eine Zusammenkunft mit Metternich auch dort statthaben. Von dort will Stadion einen Kurier hierher schicken, um Harden- berg und mir zu sagen, wenn es Zeit ist, auch hinzukommen. Ich werde vermutlich hernach in Ratiborschitz bleiben, dem Vorwand nach, um von dort aus zu negoziieren, der Wahrheit nach, weil man mich österreichischerseits am liebsten hat, wo ich am wenigstens unbequem für dort und am unschädlichsten bin. Die Sachen, liebe Li, stehen schlecht, man muß es gestehen, nicht an sich, aber weil die Menschen an der Spitze keinen Ernst haben. Kurz gefaßt ist es jetzt so: Österreich arbeitet aus allen Kräften zum Frieden und schlägt dazu Bedingungen vor, die dem Frieden weder Sicherheit noch Segen, noch selbst nur Ehre geben. Nimm nur das einzige, daß im Grunde bloß Polen wieder geteilt und Illyrien an Österreich zurückgegeben werden, übrigens Deutsch- land bleiben soll wie es ist. Denn eine auch geforderte Verwandlung von Hamburg und Lübeck in freie Reichsstädte würde immer im höchsten Verstande prekär bleiben. Die ganze Frage ist nun hier, ob man diesen Frieden annehmen soll, oder ob es besser ist, den Krieg vielleicht allein fortzusetzen. Hierüber gleich nachher. Allein im Grunde steht meinem Urteil nach die Frage nicht einmal so rein. Denn Österreich legt dem Kaiser Napoleon kein Ultimatum vor, es will eine Art Kongreß bilden und spricht schon in Noten davon, daß die Sache erst am 20. Julius zur Entscheidung kommen kann. 28