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[ Band 3 Brief 235: Caroline an Humboldt Klagenfurt, 15. Oktober 1810 ]
235. Caroline an Humboldt Klagenfurt, 15. Oktober 1810 Meine Pläne, so schnell zu kommen, sind zu Wasser ge- worden, geliebtes Herz, denn ich habe in den holprichten Wegen des Tirols den linken Schwanenhals des Wagens gebrochen und habe sieben Posten mit einer untergelegten Stütze Schritt fahren müssen, um hierher zu kommen, weil früher in keinem Städtchen sich ein Wagenmacher fand, der ihn machen konnte. Ob ich noch heute werde fortkommen können, weiß ich nicht. Gott gebe nur, daß nachher nichts weiter vorfällt. Das Beste ist indes, daß wir alle wohl sind, und man muß sich also in Geduld über jenen Unfall trösten. Das Schmerzlichste dabei ist mir, daß es den süßen Augenblick des Wiedersehens verzögert. Gestern abend haben wir uns, die Kinder und ich, so lebhaft Deiner Abreise erinnert um Mitternacht. Hätte ich doch wenigstens um dieselbe Stunde wieder bei Dir sein können! Ci vuol pazienza! Seit gestern ist es fürchterlich kalt, aber sehr klares Wetter. Deutschland hat uns mit Kälte und Langsamkeit empfangen. Das ist unausstehlich auf den Posten, und man gerät oft in Ver- zweiflung. Eben kommt Nachricht vom Wagen. Man hofft, er wird um 4 Uhr fertig sein. Dann mach ich noch ein paar Posten heut abend. Süßes Herz, ich breche hier ab und umarme Dich, bald, bald in Wahrheit. Ach, ich kann den Augenblick nicht erwarten. 486