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[ Band 3 Brief 231: Humboldt an Caroline Wien, 26. September 1810 ]
ist ungewiß. Man fühlt sich fremd bei jedem Schritt, und ich hätte die Mauern ordentlich bitten mögen, uns freundlich aufzu- nehmen und zu beschützen. Eine schreckliche Sache ist, ein Haus zu finden. Du sagst ganz recht, daß das Klügste ist, erst ein meubliertes Quartier zu nehmen und dann ordentlich und bedächtig zu suchen. Wenn es nur meublierte Quartiere gäbe! Theodor muß nun auch unterwegs sein, er sollte gestern ab- reisen. Da weder er noch Laroches jemals schreiben, so werde ich wohl erst durch ihn selbst seine Ankunft erfahren. Theodor ist meine einzige Sorge bei Wien. Die Veränderung ist offenbar für seine Erziehung ungünstig. Ich habe ihn übrigens in Dresden an Körners empfohlen, damit der reisende Sohn die Sitten der Menschen kennen lerne. Ich komme jetzt, liebe Li, auf den für den Augenblick wich- tigsten Gegenstand Deines letzten Briefes: den Kauf der beiden Sarkophage. Ehe ich weiter in die Sache eingehe, sei überzeugt, daß ich finde, daß Du ganz recht getan hast. Die Sache ist zwar jetzt, weil wieder neue Ideen gekommen sind, verwickelter geworden, als sie bisher war, aber wenn wir auch die Sarkophage behielten, so bin ich überzeugt, haben wir nie Schaden dabei. Das Museum erhält eine neue Zierde dadurch, und wir denken ja doch eher daran, dies zu vermehren, als aufzugeben. Die Lage der Sache ist jetzt diese: Der König hat den Ge- danken bekommen, die Figur der Königin liegend, in ein leichtes Gewand gehüllt, auf einem länglichten Sarkophag darstellen zu lassen, und hat mir Auftrag gegeben, Zeichnungen dazu von Canova, Thorwaldsen und Rauch machen zu lassen; den Brief, der diesen Auftrag enthielt, habe ich, ob er gleich schon vom 4. dieses Monats ist, erst hier vorgefunden. Ich bin in Verzweiflung, daß Du nicht mehr in Rom bist. Es bleibt mir jetzt nichts übrig, als an Canova 479