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[   Band 3 Brief 214:    Humboldt an Caroline    Berlin, 28. Julius 1810   ]


von selbst geht. Das aber kannst Du mir sicher glauben, daß ich
es nicht ändern konnte.
Es hat mich sehr gefreut, daß der einzige Mensch hier,
mit dem ich ganz und durchaus einig bin, und mit dem ich
in jedem Verhältnis übereinstimmen würde, einerlei Meinung
mit mir hierin gewesen ist. Dies ist Schön, *) von dem ich
Dir öfter schrieb. Er war, wie alles dies vorging, nicht hier, wir
haben uns gar nicht geschrieben, und jetzt, da er gekommen ist,
billigt er unbedingt mein Betragen.
Ich habe, das versichere ich Dir, sehr ernstlich überlegt, ob ich
nicht geradezu darauf antragen sollte, Geheimer Staatsrat in meinen
vorigen Verhältnissen zu bleiben, nur mein Fach immer zu halten
und zu retten, alles andere gehn zu lassen und mit gänzlicher Hint-
ansetzung jeder noch so gerechten persönlichen Rücksicht nur dafür
zu sorgen. Du kennst mich genug, um zu fühlen, teure Li, daß
ich sehr gut diesem soliden Wirken und dauernden Ruhm einen
Titel und eine äußerlich glänzendere Lage hätte aufopfern können.
Aber ich habe es nach reifer Überlegung nicht getan. Es wäre
nichts dabei herausgekommen, glaube mir das jetzt, mündlich werde
ich Dich überzeugen können.
In Deiner Ansicht des öffentlichen und Privatlebens stimme
ich Dir ganz bei. Ich bin zum ersten immer und mit allen
meinen Kräften bereit; aber das letztere stimmt mehr mit meiner
Neigung, ich möchte fast sagen, auch mit meinem Geschick.
Ich müßte mich ganz über meine Bestimmung irren, oder ich bin
nicht gemacht, etwas Äußeres zu gründen und zu stiften. Alexander
schreibt mir noch neulich bei Gelegenheit seines Ablehnens der
hiesigen Anträge, »das Leben des Menschen muß Einklang haben«,
und es hat mich frappiert, weil in ihm damit unstreitig ein Vor-
wurf gegen meine jetzige Änderung und meine nunmehrige Lage

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*) Vgl. S. 244.

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