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[ Band 3 Brief 201: Caroline an Humboldt Rom, 22. Junius 1810 ]
201. Caroline an Humboldt Rom, 22. Junius 1810 Innigstgeliebter Wilhelm! Mit dem sehnsüchtigsten Herzen nehme ich heute die Feder und umarme Dich, meine Seele, und wünsche Dir tausend, tausend Glück zu Deinem Geburtstage. Oh, Du denkst gewiß, wie wir alle an Dich denken, und Du sehnst Dich zu uns, wie wir zu Dir. Wo bist Du, mein geliebtes Leben? Wo findet Dich der Brief? In Berlin? Und hat alle die Unruhe dieser Wochen zu nichts weiter geführt, als Dich mit einigen Verände- rungen im Äußern in derselben Lage zu erhalten? Oder hat sich diese Lage geändert, so bist Du unstreitig gleich fortgegangen. Ich bin in einer großen Spannung, die um so mehr zunimmt, da ich wie verzaubert mit den Briefen bin. Heute war Posttag, und ich habe wieder nichts bekommen, Dein Brief vom 19. ist mein letzter. Du siehst wohl, daß man mit den Briefen allerlei vornehmen muß, *) denn in der Jahreszeit kann eine Verspätung von 10 und 13 Tagen nicht liegen. Wir haben Deinen Geburtstag ganz unter uns gefeiert, und ich habe die kleinen Mädchen dazu beschenkt, damit sie sich ihn tiefer einprägen. O möchtest Du, geliebte Seele, doch wenigstens recht heiter sein, recht wissend, wie wir immer, immer an Dich denken und mit welcher eignen Sehnsucht besonders heute. Den 23. Soeben, wie ich gar nicht mehr darauf hoffte, empfange ich, geliebtes Leben, Deinen Brief Vom 29. Mai, Nr. 41, mit der Einlage an Gabriele. Nr. 40 und 39 fehlen mir. Ich sehe, daß ich nicht Besseres habe tun können, als hier abzuwarten, wie es ——— *) Es scheint in der Tat, als seien in dieser kritischen Zeit alle ab- gehenden Briefe Humboldts erbrochen und gelesen worden. 421