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[   Band 3 Brief 198:    Humboldt an Caroline    Berlin, 12. Junius 1810   ]


198. Humboldt an Caroline                 Berlin, 12. Junius 1810

Ich habe seit meinem letzten Brief, liebe Li, keinen von Dir.
Ich, solltest Du es glauben, schwebe noch immer in
einiger Ungewißheit. Wie die Sache zugegangen ist und
noch zugeht, mein teures Wesen, darüber reden wir einmal münd-
lich. Alles gereicht mir zur völligsten Ehre, sogar zu einiger
Verherrlichung. Die ganze Stadt ist auf die Entwicklung auf-
merksam, und selten ist eine Teilnahme so allgemein gewesen.
Allein das Wahrscheinlichste und fast Gewisse bleibt immer
meine Sendung nach Wien. Hardenberg hat sie mir bestimmt
als den Willen des Königs angekündigt. Ich habe nicht wider-
sprochen, nur die Kabinettsorder ist noch nicht ausgefertigt. In-
sofern wäre also alles durchaus gewiß. Allein seitdem meine
Ernennung ganz ohne mein Zutun bekannt geworden ist, hat sich
ein solches Geschrei erhoben, was nun aus der Universität und
dem Schulwesen und den Medizinalanstalten werden soll, daß ich
es diesem Geschrei zuschreiben muß, daß die Sache wieder stockt,
man sinnt nun nach, wie man es am besten einrichtet. Ich selbst
bin nie in einer gleich schwierigen und bedenklichen Lage gewesen.
Aber meine Entschlüsse sind unwiderruflich gefaßt, und diese eigne
Bestimmtheit bei der Unentschlossenheit derer, die entscheiden sollten,
rettet mich. Mir liegt gewiß alles am Herzen, was ich gemacht
habe. Ich weiß und sehe deutlich ein, daß es, wenn ich gehe,
großen Gefahren ausgesetzt ist. Allein ich will es gründlich retten,
oder gar nicht.
Überhaupt, teures Herz, stehe ich jetzt am Scheidewege. Das
Privatleben hat unendliche Vorzüge vor dem Dienste. Ich bin
nie glücklicher, als mit Dir. Es ist nicht zu leugnen, daß, welche
öffentliche Lage ich haben möchte, man sich immer besser und schöner
genießt, wenn keine äußere Pflicht noch Konvenienz das freie Zu-

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