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[ Band 3 Brief 197: Humboldt an Caroline Berlin, 9. Junius 1810 ]
haus an der Brenta bleiben. Man kommt auch mit dem morgend- lichen Teil von Europa und der Türkei in nähere Beziehung und lernt etwas ganz Unbekanntes besser kennen. So kompensiert das eine das andere dergestalt, daß ich ent- schlossen bin, die Sache ziemlich dem Zufall zu überlassen. Un- endlich begierig aber bin ich darauf, wie Du die Sache aufnehmen, und was Du davon denken wirst. Es ist gewiß, daß, wer mit uns umgeht, nie in Verlegenheit kommt, uns wiederzusehen. Wir tauchen nach einiger Zeit immer wieder einmal auf. Jetzt schien ich doch recht auf den Grund gefallen und habe mich doch wieder emporgehoben, denn immer ist Wien doch besser als Berlin. Kurz, das schlimmste Los trifft uns nicht. Der klügste Mensch hier sagte mir noch gestern: »C’est un pont d’or qu’on Vous offre, n’hésitez— pas à Vous en servir.« Das wird Dir zugleich ohne Kommentar mehr Aufschluß über die Lage der Sache geben. Was jetzt Dich betrifft, liebe Li, so ist es vernünftiger, daß Du nun geradezu nach Wien gehst, und dazu ist auch noch im September Zeit. Wenn ich sage »vernünftiger«, so meine ich nur, daß es sparsamer und für Dich und Hermann weniger ermüdend ist. Willst Du aber gern Deine Güter und Deiner Väter Gefilde und Theodor früher sehen und die Schweiz durchreisen, so komme immer, und wenn Dir die Hitze (hier habe ich noch gestern eingeheizt) nicht hinderlich ist, gleich. Gehst Du gerade nach Wien, so hole ich Dich doch noch vielleicht in Rom ab, und wir sehen noch zu- sammen Venedig. Die Trennung kann dadurch doch nur sehr, sehr wenig länger dauern. Lebewohl, einzig teures Herz. Ewig, ewig Dein H. 414