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[ Band 3 Brief 198: Humboldt an Caroline Berlin, 12. Junius 1810 ]
sammensein stört. Auch den Kindern ist meine Muße nützlicher und erfreulicher. Wenn man also diese Vorteile ausgibt, muß man bestimmt wissen, wofür man sie ausgibt; es muß nur für einen anerkannt guten und großen Zweck und nur dann geschehen, wenn man für diesen auch die gehörige Freiheit, ihn zu erreichen, vor- aussieht. Wie ich in diesen Tagen gequält und bestürmt werde, diesen oder jenen Entschluß zu nehmen, glaubst Du nicht. Für jetzt, wenn Du noch in Rom bist, bleibe noch dort. Wien liegt gerade auf dem Wege hierher. Ach, es ist eine schreck- lich öde und freudenleere Zeit! Wenn nur der Augenblick erst naht, wo Du bei mir bist, so ist auch dadurch allein das ganze Leben anders. Es geht doch nichts in der Welt über diesen Genuß des einen durch den andern in ewig neuquellender, nie alternder, nie wechselnder, inniger Liebe. Es ist mir immer, als wenn ich mit den Mauern Roms alles Glück hinter mir gelassen hätte. Das wird aufhören, wenn Du erst bei mir bist, es wird von mir fallen auf einmal und auf immer beim ersten Wiedersehen der lieben, lieben Augen, aber bis dahin bleibt es und verfolgt mich, daß ich mich nicht davor retten kann. Meine ganze, ganze Sehnsucht ist auf unser Wiedersehen gerichtet. Bis jetzt malte ich mir das neue Heim in meinem Hause aus. Ich ging nie den Torweg vorüber, ohne mir zu sagen, hier wird sie hereinfahren, ich sah nie im Garten auf das Haus, wo man in der äußersten Entfernung gerade Dein Fenster sieht, ohne zu denken, daß Du oft da sitzen würdest, die Phantasie ruhte so viel süßer doch auf diesen Bildern aus. Nahm ich den Abschied, so war es in Rom, und wieder jeder Schritt be- kannt und gewohnt. Aber nun ist alles so unbestimmt, so schwankend, Zeit, Ort. Ich werde aber alles tun, um den Knoten, wenn ich ihn nicht lösen kann, zu zerreißen, es muß sich mit dieser Woche entscheiden, und dann mache ich auch, daß ich Dich bald, so bald als 416