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[ Band 3 Brief 197: Humboldt an Caroline Berlin, 9. Junius 1810 ]
hier nennt,eine Sektion führt, nicht Minister sein soll. Selbst Dohnan trete ich, wenn ich Minister würde, gewissermaßen in den Weg. Dann ist nicht zu leugnen, daß die diplomatische Laufbahn ungemein wichtig ist. Es fehlt ganz an Leuten hier dazu. Ich habe mir, so wunderbar es klingt, durch mein Benehmen in Rom den Ruf erworben, ganz dafür gemacht zu sein, und Hardenberg macht mir kein Geheimnis daraus, daß er im Hintergrunde die Absicht hat, mir einmal wieder hier die Führung des Ganzen an- zuvertrauen. Ich kann also auch gegen den Nutzen nicht streiten. Dann, sollte ich selbst darin Anrecht haben, kennst Du mich, das Neue tentiert mich immer, on aime à courir le monde, es fällt sich so hart auf den Grund, und es ist meine Art nicht, mir künst- liche Lagen zu machen, vielmehr die dargebotene so umzugestalten, bis sie mir recht ist. Sehe ich auf unsern Nutzen und unser Ver- gnügen, so ist die Sache sich auch so gleich, daß man losen könnte. Werde ich Minister, so ist der Vorteil der größeren Ruhe, daß man sich mit den Ausgaben mehr nach seinen Einkünften richten kann, Freiheit von gesellschaftlicher Gêne und eine Tätigkeit, deren Resultate in meiner Hand sind, die gelingen müssen und dann allerdings freuen. Aber es ist auch eine monotone Lebensart, erdrückende Geschäfte, die mir kaum Zeit lassen, nur Dich recht zu genießen, und Berlin, das ganz entsetzlich ist, dann kleines Gehalt, auch als Minister nur 8000 Taler, und die hiesigen Abgaben. Gehn wir nach Wien, so haben wir freilich mehr Ausgaben, viele, auch unangenehme Gesellschaft und mitunter wichtige Geschäfte, aber auch viel mehr Muße, so daß ich selbst wieder wissenschaft- liche Dinge arbeiten kann, eine hübsche Gegend, schöne Kunstsamm- lungen, ungleich mehr Gehalt und keine Abgaben. Dann ist die Nähe von Italien sehr schön. Wie man hier in ein Bad geht, kannst Du den Sommer nach Venedig reisen und in einem Land- 413