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[   Band 3 Brief 196:    Caroline an Humboldt     Rom, 16. Juni 1810   ]


ist. Das Schöne zu genießen, wie ich, aber sozusagen auf Kosten
des Teuersten, hat etwas tief Bewegendes und Beunruhigendes. Ach,
alle Menschenklugheit hilft eben doch nichts. Es ist nur ein glück-
licher Zufall, wenn man’s in diesen Dingen des Lebens recht trifft.
Von hier geht eine ganze Gesellschaft nach Griechenland,
H. v. Koës und Bronstedt, zwei junge, sehr gelehrte Dänen,
H. v. Stackelberg, ein Livländer, und H. v. Haller, ein Nürnberger,
und der junge Maler Link. Dem armen Rauch zucken die Füße
recht, mitzulaufen, aber wie kann er?
Addio anima mia cara.


197. Humboldt an Caroline                 Berlin, 9. Junius 1810

Unser Schicksal, liebe Li, ist so gut als entschieden, und auf
eine sehr unerwartete Weise. Ich bin bestimmt, als Ge-
sandter nach Wien zu gehen. Die Kabinettsorder habe
ich zwar noch nicht deshalb, allein Hardenberg hat es mir gleich
den Morgen nach seiner Ernennung, am 6. dieses, bestimmt erklärt,
Es sind freilich noch Ideen, mich hier zum Minister zu machen,
und mir hier mein Departement zu lassen, allein es wird schwerlich
etwas daraus werden, und es ist die Frage, ob es nun wünschens-
würdig sei. Da aber auch die Bedingungen der Wiener Mission
noch nicht im reinen sind, so habe ich bis jetzt auch noch nicht
angenommen.
Der 6. war ein Tag großer Boulversements. Beyme und
Altenstein, beide Minister, und Nagler *), Geheimer Staatsrat,
mit dem ich immer sehr gespannt war, haben ihren Abschied er-

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*) v. Nagler, geb. 1770, † 1846, der spätere preußische Generalpostmeister.

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