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[   Band 3 Brief 195:    Caroline an Humboldt     Rom, 9. Junius 1810   ]


Gründen und besonders aus diesem Gefühl konnte ich es nicht
über mich gewinnen, Dir zu schreiben: »Ich reise dennoch gleich ab,
es komme nun auch wie es wolle.«
Was mich nun beunruhigt, ist die Jahreszeit, die sich nähernde
Wärme, und seit gestern auch Hermanns Gesundheit, der von
einigen neuen Zähnen, die er hervorbringt, sehr angegriffen ist. Ich
bin in mir sehr beunruhigt und kann zu keinem festen Gedanken
kommen. Zögert die endliche Entscheidung oder träten hier wegen
eines von uns Gesundheitsumstände ein, die es bedenklich machen,
und tritt große Hitze ein, so mußt Du es mir überlassen, den Zeit-
punkt zu wählen, wo ich abreisen kann. Meine Sehnsucht bürgt
Dir dafür, teures Herz, daß ich nicht länger bleibe, als nötig ist.
Aber vergebens würde ich Dir sagen wollen, wie wehmütig es mich
macht, Dich liebes, teures, innig verehrtes Wesen, vielleicht acht
Wochen später zu sehen. Ich bin in meinem ganzen Leben noch
nie so wehmütig gewesen, als ich es seit längerer Zeit bin.
Adieu, geliebtes, bestes Herz.


196. Caroline an Humboldt                     Rom, 16. Juni 1810

Wieder keine Briefe, mein allerteuerstes Herz, Gott weiß,
was das ist. In dem Augenblick, wo sie mir nächst der
Freude, der innigsten, die sie mir machen, so notwendig
wären, muß ich sie entbehren. Die Ungewißheit, in der ich schwanke,
macht mich traurig. Du hast zwar mehrmals in Deinen teuren
Briefen gesagt: »Es ist und bleibt immer Rom, wo Du einige
Wochen länger bliebest«, das ist wohl wahr, aber ich schwöre Dir,
daß der Gedanke, Dich vereinsamt zu denken, mir sehr schmerzlich

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