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[ Band 3 Brief 193: Humboldt an Caroline Berlin, 5. Junius 1810 ]
müssen das übrige entscheiden. Der Minister Hardenberg ist wieder öffentlich hier erschienen und hat beim König gegessen, und es kann nicht mehr zweifelhaft genannt werden, daß er an die Spitze der Geschäfte kommt. Ich habe ihn noch nicht gesehen. Da ich für mich stehen kann, suche ich niemand. Aber es muß notwendig in dieser Woche zu einer entscheidenden Unterredung zwischen ihm und mir kommen. Wie man die Sachen jetzt einrichten, wer gehen oder bleiben wird, ist bis auf diesen Augenblick vollkommen unbekannt. Ver- mutlich aber gehen sehr große Veränderungen vor. Über mich weiß ich bis jetzt nur folgendes. Man hat mir mündlich sagen lassen, ich möchte nicht daran denken, meinen Abschied zu bekommen, der König werde nie darin willigen, ich sei unentbehrlich, und Harden- berg sei davon überzeugt, man werde alles tun, um mich zurück- zuhalten. Diese Erklärung scheint sehr positiv, allein mir ist dennoch die Sache so ausgemacht noch nicht. Ich weiß noch nicht, ob die neuen Pläne mit meinen Entschlüssen übereinstimmen, und ich werde fest sein und mich nicht scheuen, eigensinnig zu scheinen. Es gibt Verhältnisse, wo man das durchaus nicht muß und nicht darf. Es ist sehr fatal, fast schmerzlich, noch immer so in Ungewißheit zu verharren, aber ich kann es nicht ändern. Ich habe jetzt, teures Wesen, Deinen Brief vom 11. Mai be- kommen, und Deine Liebe hat mich innig gerührt. Ich sehe deutlich, daß Du es lieber hättest, wenn ich jetzt im Dienst bliebe. Allein Du stimmst, wie Du mir ausdrücklich zugestehst, mir darin bei, daß ich nichts tun kann, was nicht mit den strengsten Begriffen der Ehre vereinbar ist. Der Punkt, der mich eigentlich bewog, meinen Abschied zu fordern, ist freilich wohl für jetzt und immer erledigt. Der Staatsrat, gegen den ich mich erklärte, ist, ohne aufgehoben zu werden, nie zustande gekommen. Es ist nun schon die Zeit der zweiten Versammlung gewesen, und nie hat man ihn versammelt. 406