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[   Band 3 Brief 192:    Humboldt an Caroline    Berlin, 29. Mai 1810   ]


ausgemacht gewiß, daß es nicht so bleibt, wie es jetzt ist. Denn das
hängt von mir ab, und ich bin unerschütterlich. Es ist eine trübe, schlimme
Zeit, liebe Li, aber sie wird vorübergehn, wir werden in wenigen
Monaten wieder beisammen sein und uns dann nicht mehr trennen.
Es ist unmöglich, Dir das Nähere zu schreiben, wie es jetzt eigent-
lich herrscht, und wie ich mich dabei betrage. Du kannst aber
sicher überzeugt sein, daß ich mich durchaus rein und einfach ge-
nommen habe, daß es mir unmöglich war, anders zu handeln, und
daß alle, die die Sachen genau kennen und billig denken, mit mir
einstimmig sind. Welches daher auch der Ausgang sein möchte,
so bleibe ich sehr ruhig dabei, meine einzige Sorge ist nur, das
Ende auf eine gute Weise, mit Anstand, und ohne von den Ge-
sinnungen abzuweichen, die ich immer geäußert habe, herbeizuführen.
Mehr verlange ich nicht. Darum aber muß ich diese Wochen
noch aufopfern. Bleibe ich alsdann doch, so muß meine Lage
wenigstens anders sein, und es ist dann vielleicht möglich, mit mehr
Kraft und mehr Erfolg wirksam zu sein.
In der Ungewißheit dessen, was Du tun wirst, und bei der
mir größeren Wahrscheinlichkeit, daß Du noch in Rom bleiben
wirst, werde ich fortfahren, Dir dahin zu schreiben.
Lebe herzlich wohl! Ewig Dein H.


193. Humboldt an Caroline                   Berlin, 5. Junius 1810

Die Sachen nähern sich einer Entscheidung, und vielleicht
kann ich Dir, liebe Li, am Ende des Briefes noch etwas Be-
stimmteres sagen. Du wirst aus allen meinen vorigen
Briefen gesehen haben, daß hier eine große Ministerkrise war.
Diese hat zum Teil ihre Endschaft erreicht, und die nächsten Tage

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