< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 3 Brief 178:    Caroline an Humboldt     Neapel, 11. April 1810   ]


Deine Briefe sind immer so hübsch, meine Seele, daß ich mich
oft der meinigen daneben schäme. Du verwebst auf eine ungemein
liebliche Weise immer die Vergangenheit mit der Gegenwart und
Zukunft. Es freut mich, daß die Herz *) noch hübsch ist. Ich finde
etwas rein und edeler Menschliches in dem Erhalten der Gestalt als
in dem Vergänglichen. Freilich kommt immer ein Tag: »wo die
heilige Ilion hinsinkt« usw.
Der Herz bin ich überdem gut, obgleich sie mir oft in meine
Ansprüche eingegriffen hat. Die Schönheit hat eigene Rechte.
Carl behauptet seine Würde in allem, auch mir hat er so einen
präparierenden Brief vor Monaten geschrieben, er wird über meine
Unbefangenheit wohl erstaunen, ich hoffe doch nicht erschrecken, denn
ich darf unbefangen sein.
Wie sehr schmerzt es mich, daß Du, mein teures Leben, mit
so vielem Kleinlichen zu kämpfen hast. Wenn ich erst bei Dir bin,
will ich es Dir mit Heiterkeit tragen helfen, ich meine durch meine
Heiterkeit.
Ich sagte vor einiger Zeit Carolinen, Du seist so viel wohler
aussehend von Erfurt nach Berlin zurückgekommen, so daß es alle
Menschen gewundert habe. Sie antwortete sehr ernst: Athene
wird ihn größer und ansehnlicher gemacht haben, aber sie sagte es
auf griechisch, und ich schreibe es nur nicht griechisch, um keinen
Bock zu schießen. Caroline bekommt das Eisen außerordentlich.
Mir geht es doch nicht ganz nach Wunsch hier. . . .
Neapel ist wirklich sehr schön. An schönen, heitern Tagen
übertrifft nichts den Schmelz, der dann auf den Bergen ist, aber
die Tiefe, die Unerschöpflichkeit von Rom hat es nicht. Rom ist
und bleibt die ewige Stadt.
Ewig Dein.

———
*) Vgl. S. 46.

                                                                       370