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[   Band 3 Brief 177:    Caroline an Humboldt     Neapel, 5. April 1810   ]


Ölmalerei. Es sind merkwürdige Sachen darunter, besonders wenn
sie Architektur dargestellt haben, in Gärten und leichten Ge-
bäuden, ganz japanischer Geschmack. Haben sie das schon gekannt?
Abends ging ich mit Rauch und den Kindern hinaus nach
Salicettis Villa. Da liegt in ungeheurer Weite vor einem Capri,
unten die Stadt mit S. Elmo, links der Vesuv und hinter ihm die
allerherrlichste Bergkette mit unzähligen Ortschaften. Wo sie ins
Meer fällt, bleibt zwischen ihr und Capri eine weite Meeresfläche,
rechts der Posilipp, und über ihn herüber blickt Ischia mit dem
hohen Epomeo. Da hinter dem Posilipp ging die Sonne unter
und sandte alle ihre letzten Strahlen auf den Vesuv und das ent-
fernte Gebirge, von solchem Schmelz kann man sich keinen Begriff
machen. Es scheint eine Feerie.
Ich scheide mit vollem Glanze, nachdem ich mich hier noch
an allem Schönsten recht berauscht habe. Ich komme ja zu Dir,
und das wird mich trösten für Rom und Neapel.
Adieu, mein teures Leben.


178. Caroline an Humboldt                      Neapel, 11. April 1810

Mein geliebtes, bestes Wesen!
Deine Nr. 16 aus Frankfurt und Nr. 18 vom 10. März
aus Berlin sind mir zusammen richtig zugekommen.
Ich glaube, Du könntest mir jetzt ohne die Vermittelung
Welckers schreiben. Aber wenn diese meine Bemerkung bei Dir
ankommt, ist die Zeit zum Schreiben nach Rom aus. Gott Lob,
daß sie aus ist! Ich freue mich unbeschreiblich, Dich wiederzusehen,
und Deine Freude darüber rührt mich bis zu Tränen. Ich ver-
diene Dich nie, meine Seele, aber ich tröste mich in mir damit,
daß man ja Liebe als das Höchste empfängt, aber nie verdient.

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