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[   Band 3 Brief 174:    Caroline an Humboldt     Neapel, 22. März 1810   ]


Katheder. Wie die Stufen eingelaufen sind von den kleinen
Kinderfüßchen, kannst du nicht glauben.
Die Lage von Pompeja ist himmlisch, die Gebirgskette nach
Sorrento zu links und vor sich das Meer, das in jener Zeit
wohl noch näher kam, denn Pompeja war ja ein Hafen. Was
mich und uns aber am allertiefsten gerührt hat, war, wie wir zum
Tor der Stadt hinausgingen, da fangen nun auch immediate die
Gräber an. Wie schön ist doch diese Sorge der Lebenden um die
Hingegangenen und dies sozusagen fortgesetzte Leben mit ihnen. Die
Straße der Toten in Pompeja ist nicht sehr weit fortgesetzt, doch
genug, um zu beiden Seiten einige schön erhaltene Monumente zu
zeigen und dazwischen halb gezirkelte Plätze mit steinernen Sitzen,
die im Halbzirkel herumlaufen. Um einen dieser Plätze steht eine
Inschrift, der Name der Familie, die Priester gewesen, und daß
dies ihr öffentlicher Begräbnisplatz sei. Wenn man das sieht, so
begreift man recht, wie so oft in den alten Schriftstellern steht, daß
sich die Alten vor das Tor setzen usw.
Ich werde gewiß abreisen, wie es gehn will. Deine Briefe
gehen bis Rom 21 Tage, bis zum 15.—20. schreibe immer nach
Rom, dann nach Genf an den Bankier der Staël, dann nach
Frankfurt an die Gebrüder Bethmann.
Ich umarme Dich und Theodor und freue mich einzig auf
Euer Wiedersehen.


175. Caroline an Humboldt                Neapel, 26. März 1810

Tausend Dank, geliebtes Herz, für Dein liebes Sonett aus
Burgörner. Das ist auch mir der größte Reiz an Burgörner,
daß wir uns da zuerst sahen. Meine teure Seele, wir wollen
gewiß noch recht still und hübsch miteinander leben. Und auch

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