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[ Band 3 Brief 166: Humboldt an Caroline Berlin, 24. Februar 1810 ]
Lage, die Dir natürlich ungleich weniger Reiz darbieten kann. Es schmerzt mich unendlich, Dir heute nichts schenken zu können. Allein wie soll ich’s in der Entfernung? Ich kann es nicht einmal so hübsch, wie Du es zu meinem Geburtstag mit dem Bilde der Kleinen gemacht hast. Aber ein Sonett muß ich Dir doch schicken, das ich in Burgörner in den Tagen, als ich da war, gemacht habe, und neulich beim Durchkramen meiner Papiere fand. An Li. Gegrüßet seid mir, freundlich holde Hügel, Die schon mein Blick so lange nicht geschaut, Auf die ich früh des Lebens Glück gebaut, Wohin so oft mich trug der Sehnsucht Flügel. Rasch eilt das Leben mit verhängtem Zügel, Von Nacht und Stürmen finster oft umgraust; Doch wer gern lauscht des Busens innerm Laut, Dem glänzet der Erinnrung sanfter Spiegel. Mir leuchtet er in Euch. Des Tages Schwüle Wich allgemach; der Ähren Häupter wallten, Bewegt vom leisen Hauch der Abendkühle. Die Sonne sank hinter des Berges Falten; Da sagte mir ihr Blick zu die Gefühle, Die engeltreu sie mir seitdem gehalten. Es schwebte mir dabei ein Abendspaziergang vor, dessen Du Dich nicht mehr erinnern wirst, weil es billig ist, daß ich ver- liebter in Dich war, als Du in mich, den ich aber nie vergessen habe. Es war an einem Kornfeld, bei Sonnenuntergang, Papa ging wie gewöhnlich voran und wir beide hinterher. Tausend solche Erinnerungen sind an Burgörner geknüpft, und darum liebe ich es so sehr. Mit dem Minister ist die Nachricht des Moniteur grund- falsch. Die Sache ist für jetzt nicht einmal in Bewegung. Es hat mich unendlich gefreut, daß meine und Deine Ansicht sich hierin vollkommen begegnen. Ich bin fleißiger und tätiger als je, 346