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[ Band 3 Brief 135: Humboldt an Caroline Königsberg, 28. November 1809 ]
unabhängig gesetzt habe und mich der Hof offenbar vorzieht, und da ich mit Fleiß Äußerungen nicht schone, so habe ich heimlich viele Neider und Feinde, die ich aber durch offnen, unbefangenen und freundschaftlichen Umgang öffentlich entwaffne, so daß es mit keinem zum Ausbruch kommt. Es ist gewiß. und ich weiß es historisch, daß man mich herausdrängen möchte. Dazu biete ich nun gewissermaßen selbst die Hand, indem ich oft vom eignen Abschiednehmen rede. Aber eine gewisse Scheu hält wieder alle zurück. Sie wissen, welche Sensation mein Abgehen machen würde, sind selbst überzeugt, daß sie niemand haben, an meine Stelle zu setzen, und zögern also auf diese Weise. In meiner Geschäftsführung vermeide ich Blößen zu geben und habe bessere Räte als irgend- einer, diese hängen mir an, ich gehe mit ihnen so um, daß wir freundschaftlich und vergnügt sind und in unserm Vortrag oft gelacht wird, und daß doch jeder seine Schuldigkeit und gerade das tut, was er am besten zu tun imstande ist. So ist es gang und gäbe geworden, zu sagen, daß mein Departement das einzige ist, was recht ordentlich geht. Der König ist mir persönlich wirklich selbst über Verdienst ge- wogen, und noch gestern wollte einer, der gerade das ist, was ich bin, mit mathematischer Gewißheit wissen, daß der König nur auf eine Gelegenheit warte, mich zum Minister zu machen und es gesagt habe. Er wollte mit mir wetten, daß ich es in drei Mo- naten sein würde. Ich glaube daran nicht. Gestern war bei der alten Gräfin Voß *) eine Art Feier der Wiedergenesung der Königin. Es wurden von den Hofdamen und einigen Prinzen zwei kleine Stücke gegeben. Es war außer dem Hofe schlechterdings niemand da als ich und noch ein Geheimer Staatsrat, der selbst im Schloß wohnt und deshalb gebeten wird. . . . Du nennst mich, liebe Seele, in Deinem letzten Briefe ——— *) Vgl S. 38. 285