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[   Band 3 Brief 133:    Humboldt an Caroline    Königsberg, 20. November 1809   ]


              Des Himmels ausgespanntes Blau durchdrang?
              Und dennoch lebst Du noch und fühlst Dich an,
              Du fühlst Dich an und weißt nicht, ob du lebst.«
Wir lesen nämlich den Tasso, fünf Personen, jeder eine Rolle,
bei Motherbys. Sie las Leonore, ich den Tasso. Es wurde im
ganzen gut genug gelesen, um das Stück noch zu empfinden und
mir war es seit langer Zeit fremd geworden. Wir wollen die
Iphigenie auch noch lesen.


134. Humboldt an Caroline          Königsberg, 27. November 1809

Hier ist seit einigen Tagen der volle Winter. Zehn Grad
Kälte, gefrorene Fensterscheiben und viel Schnee. Zur
Reise ist das sehr gut, nur fürchtet man, daß das
Wetter wieder aufgeht und dann die Wege noch einmal furchtbar
werden. Prinz Heinrich *) reist den 1., Prinz Wilhelm *) den 4.
oder 5. Dezember. Des Königs Abreise erfolgt vermutlich am
15. oder 16. Uns hat man noch nichts gesagt. Es ist aber
vorauszusehen, daß wir nur wenige Tage vor oder nach dem
König reisen werden.
Ich befinde mich in der Kälte so gut wie in der Hitze. Meine
Gesundheit ist unerschütterlich, und auch der kleinste Anstoß von
Krankheit ist mir seit Jahren fern geblieben. Mein Wagen ist
überdies sehr warm, ich habe einen ungeheuer dicken Mantel,
Kunth hat mir einen Muff mitgegeben, Pelzstiefel habe ich noch
in Venedig gekauft, und den Kopf kann ich mit einer Litauischen
Mütze bedecken, die kaum noch die Augen sehen läßt. Gott! welche

———
*) Brüder des Königs.

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