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[ Band 3 Brief 129: Caroline an Humboldt Rom, 11. November 1809 ]
Es ist ein solcher wunderschöner Herbst, der Himmel blau und rein, die Luft mild und warm, wie wenn man dem Frühling ent- gegen ginge, und ein Wehen der Sehnsucht und Liebe und stillen Trauer in dieser Luft. Oh, wärst Du da, Du würdest mit mir fragen: wie soll man scheiden aus diesem Zauberland? So bist Du bis an die Ufer des unwirtbaren Meeres gewesen, mein süßes Herz? Ich möchte wohl mit Dir in der mondhellen Nacht umhergegangen sein, wie die See so stürmisch war. Ich bin sehr begierig, wie Deine Dienstverhältnisse sich lösen. Wahrscheinlich doch bestimmt es sich, ehe ich hier eigentlich zum Aufbruch komme. Degégrando *) bleibt der Meinung, daß, da der Kaiser **) sehr stet in seinen Absichten und sehr mächtig in dem Durchsetzen seiner Pläne ist, künftig immer wieder das Haupt der katholischen Kirche hier residieren wird und es daher Personen geben müsse, die die geistlichen Geschäfte zu besorgen bekämen, auch scheint mir es doch nicht unwichtig, daß ein Fürst in einem so großen Land, wie ganz Italien ist, irgend jemand habe, der ihn von dem unterrichtet, was darinnen vorfällt. Mein teures, liebes Leben, wie Du es aber machen wirst, so wird es mir recht sein, denn Du bist der echte, liebe, helle Verstand und dabei so edel und brav, daß Du auch nur das Edle ergreifen kannst. Das Kunthsche Kind würde mir ungemein leid tun, wenn es stürbe; wenn man diesen tiefen, zerreißenden Schmerz empfunden hat, kann man nicht ohne Entsetzen selbst an andere denken. Ach, Gott stehe mir bei, ihn nicht wieder zu empfinden. Wilhelm, Luise, Gustav, süße heilige Namen, ruhet sanft ihr Lieben! Euch kümmert nicht mehr das bunte Gewirr des Lebens und die Qual und die Freude, die man in tief verschlossener Brust mit sich herumträgt. ——— *) Vgl. S. 220. — **) Napoleon. 272