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[   Band 3 Brief 128:    Caroline an Humboldt     Rom, 8. November 1809   ]


ist ja mit jedem Menschenleben so tief verwandt, so hineingewebt,
daß man ihn eigentlich keinem Lebenden wie etwas Fremdartiges
entziehen soll.
Ich habe gestern von der Schillern aus Weimar und Caroline
aus Wiesbaden Briefe gehabt. Wolzogen lebte noch Mitte Ok-
tober. Der Himmel wolle sein Leiden enden! Er selbst soll es
ungemein wünschen. Lolo *) schreibt lieb über ihre Kinder, aber konfus
wie immer von Goethens neuem Roman, daß Goethe sich sehne,
ihn bald in meinen Händen zu wissen, auch Welcker **) schreibt von
diesem Roman viel Schönes.
Lebe wohl, meine teure, liebe Seele.


129. Caroline an Humboldt                     Rom, 11. November 1809

Teures, geliebtes Herz!
Meine  vorigen Briefe werden Dir gesagt haben, ob ich an
Deinen Abschiedstag von Rom gedacht habe — alle
Erinnerungen kehren wieder und vergangene Lust und
Schmerz lebt unsterblich im Herzen. Ach, wehe Tage sind mir
diese wieder. Morgen vollenden sich die zwei Jahre von Gustavs
Tod. Ich war heute draußen bei der Pyramide und saß lange
allein und schweigend auf dem Kapitäl, während die Kinder
draußen herumsprangen, und weinte wieder. Lady Temples Hügel
und die bewachsenen Grabstätten der beiden geliebten Knaben. Sie
liegt da, eine Hüterin ihrer Jugend — ein Mutterherz liegt da,
und ich gehe hinweg und komme vielleicht nie wieder!! —

———
*) Schillers Gattin. — **) Vgl. S. 169.

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