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[   Band 3 Brief 128:    Caroline an Humboldt     Rom, 8. November 1809   ]


128. Caroline an Humboldt                  Rom, 8. November 1809

Der gestrige Posttag ist wieder unerbittlich gewesen, mein
geliebtes, teures Wesen, und hat mir nichts von Dir ge-
bracht. Manchmal ergreift es mich so schmerzhaft, wie
solch ein armes Blatt sich forthilft durch die Welt und bis zu
dem kommt, an den es gerichtet ist, während die Hand, die es
schrieb, immer fern bleibt. Das Schreiben ist doch eine schöne Er-
findung und die Posten auch! Was begönne man außerdem? Laute
der Liebe und Sehnsucht wehen so von einem zum andern, wie
Laute einer andern Welt, in dem Gewirr des sogenannten tätigen
Lebens. 
Ich habe Lady Temple beisetzen sehen. Ich fuhr mit Caroline
und Rauch hinaus, ehe der Leichenzug ankam und stand einsam
und unbemerkt in einer Ecke. Die Nacht war so schauerlich dunkel,
daß man nur mit Mühe die Umrisse der Pyramide entdeckte,
und vom Himmel zuckten einzelne Blitze. Mein Herz erleichterte
sich in stillen Tränen, aber es hat mich niemand weinen sehn als
Caroline. Ich war den ganzen Tag mit den Kindern der Ent-
schlafenen gewesen, der Gedanke frappierte mich und ergriff mich
sehr tief, daß sie, die gute, sorgsame Mutter, nun bei den Meinigen
zurückblieb, und ich zu den Ihrigen zurückkehrte.
Gestern abend habe ich die Kinder wieder in das Haus des Vaters
zurückgebracht. Die heitere, spielende Stimmung der Kinder, das
leichte Vergessen dieses Alters hat mich auf den Gedanken gebracht,
ob man überhaupt, wenn man darüber frei schalten darf, diesen
Leichtsinn befördern soll? Wenn ich Dich verlöre, ich glaube, es
wäre mir rein unmöglich, etwas dazu beizutragen, um zu verhindern,
daß die Kinder sich grämten, daß sie weinten. Wenn ich es auch
nicht provozieren möchte, denn das ist wieder etwas anderes, so möchte
ich es doch auch nicht verhindern, denn der Schmerz, der Verlust

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