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[ Band 3 Brief 121: Humboldt an Caroline Königsberg, 10. Oktober 1809 ]
muß mit meinem Departement Minister werden; oder ich muß ins auswärtige Departement zurückkehren. Im ersten Fall muß ich darauf bestehen, wie es der Sinn und der Buchstabe der neuen Verfassung ist, daß die geheimen Staatsräte gleiche Rechte mit den Ministern haben, und dagegen wird man sich von allen Seiten stemmen. Den zweiten durchzusetzen, drängt mich Kunth, Schoen und andere sehr, allein es ist schwierig, höchst delikat, und geht fast nicht, ohne daß man zugleich seine Stelle niederlegt und es darauf ankommen läßt, was der König beschließt. Selbst das dritte ist nicht leicht. Auf Italien ist jetzt nicht zu denken, alle andern Posten, einen großen kann ich doch jetzt nur nehmen, vermindern sich, sind auch sogar besetzt, und außerdem fürchten mich die, die jetzt das Departement dirigieren, so höflich und freundschaftlich sie mit mir äußerlich sind, und so sehr sie meine alten Depeschen preisen. Denn es ist wirklich merkwürdig, wieviel Aufsehen die hier erregt haben. So muß ich mit großer Behutsamkeit zu Werke gehen und immer in demselben Augenblicke alles schonen, in dem ich alles zerreißen möchte. Wenn Du acht Tage hier wärest, teure Li, würdest Du mit Deinem klaren und eindringenden Blick die Menschen hier samt und sonders durchschauen und fühlen, wie fatal es ist, hier handeln zu sollen, wie fast unmöglich, klare und bestimmte Verhältnisse unter Menschen hervorzubringen, deren Wesen es ist, in Unklarheit zu leben, Entscheidungen herbeizuführen, wo alles (ich rede nur immer von den inneren Verhältnissen, da ich mich um die äußeren gar nicht bekümmere) nur zögern, hinhalten und nichts tun will. Ungeachtet aller Hindernisse glaube ich wenigstens weiter als andere zu kommen. Geduld, Fertigkeit und ein leichtes äußeres Wesen, vor dem man sich nicht ganz verschließen kann, helfen auch so sehr mit. Nur die Mühe, der Überdruß, der Ekel! Wahrlich, es gehört die Stimmung dazu, die ich nun einmal 253