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[   Band 3 Brief 121:    Humboldt an Caroline    Königsberg, 10. Oktober 1809   ]


nung der Kinder hängt auch wieder daneben, ich habe Euch alle
so innig und sehnsuchtsvoll geküßt.
Hier habe ich ungeheuer viel Arbeit vorgefunden, so daß ich
kaum fertig zu werden weiß. Aber ich habe schnell arbeiten ge-
lernt und fürchte mich nicht auch vor einem großen Haufen von
Sachen. Wenn alle die Briefe so wie unterwegs und jetzt auf
mich losstürmen, fällt mir immer Deine Anwendung des Goethe-
schen Zauberliedes: Besen, Besen! auf mich ein.
Sonst habe ich hier wenig verändert gefunden. Gr. Goltz
(der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten) ist hier, allein
seine Reise scheint keinen einzelnen wichtigen Beweggrund zu haben.
Er hat mir hoch und teuer versichert, daß der Hof gleich nach den
Wochen der Königin nach Berlin gehen würde, das wäre in der
Mitte November, denn sie ist vor einigen Tagen von einem Prinzen *)
glücklich entbunden worden. Ich wünsche herzlich, daß es bei diesem
Entschlusse bleiben mag. Wäre es nicht, so käme ich schwerlich
vor dem Januar hier weg. Ich muß mich dann nach den Geschäften
richten, und die werden mir eine frühere Abreise nur sehr schwer
vergönnen. Die Prinzessin Solms sah ich noch nicht, denke es
aber heute nachmittag. Wenn ich der Versicherung des Prinzen
George **) glauben kann, so werde ich wahrscheinlich oft in ihrer Ge-
sellschaft sein.
Über meine eigene Lage habe ich noch kaum das Mindeste
übersehen oder sprechen können. Auch ist die Sache sehr schwer.
Wie die Dinge im Innern jetzt sind, können sie schlechterdings
nicht bleiben. Es muß eins von den Dreien entstehen: es muß,
was jetzt gar nicht existiert, ein Staatsrat oder eine gemein-
schaftliche Beratung der Ministerien zustande kommen; oder ich

———
*) Prinz Albrecht, geb. 4. Oktober 1809, † 1872.
**) Vgl. S. 106.

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