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[ Band 3 Brief 119: Caroline an Humboldt Rom, 3. Oktober 1809 ]
Die Zypressen am Testaccio sind ganz enorm gewachsen. Ich bin mit tiefer Rührung und Andacht da herumgegangen. Sie werden nun bald einsam daliegen, verlassen von Vater und Mutter und den lieblichen Geschwistern — aber sie werden ruhig bleiben, alle Jahreszeiten gehen über sie hin — sie liegen unwandelbar im ewigen Wechsel. Wo wird das Schicksal uns hinführen? Eine ruhigere Grabstätte hätte es uns nicht gönnen können, wie da, vielleicht kehren wir zurück. Die nächste, die an den geweihten Platz der Pyramide kommt, wird wohl die teure, gute Lady Temple sein. Die Gute stirbt langsamen Todes. Ewig Dein. 120. Humboldt an Caroline Memel, 5. Oktober 1809 Ich schreibe Dir heute schon wieder, liebe Li, weil ich keine Post abgehen lassen kann, ohne Dir einige Worte zu sagen. Ach, holdes Kind, ich bin im 56. Grad nördlicher Breite, Du im 41. Grad, das macht 225 deutsche Meilen in gerader Linie mehr nordwärts als Du. Welche schreckliche Entfernung! Gestern saß ich den ganzen Tag im Wagen, und der Weg war sehr uninteressant. Ich kam erst um Mitternacht an. Heute hat sich gezeigt, daß man einen Versuch gemacht hat, uns den Kuffer zu stehlen. Alle Stricke waren zerschnitten, aber er war angeschroben, und so hatten die Leute nichts ausgerichtet. Memel ist ein hübscher, freundlicher Ort. Dürftig, wie alles hier, immer, wie die Fernow *) sagte: arm und dunkel. Selbst das Meer, wie anders als bei Antium und Nettuno. Doch bleibt das Rollen der Wogen und die Öde immer groß. Das Herz wird ——— *) Vgl. S. 43. 249