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[   Band 3 Brief 117:    Humboldt an Caroline    Gumbinnen, 27. September 1809   ]


berg —— ganz platte Nasen, lange Augen, bloß ein paar Schnitte,
so wenig Menschliches, wie ein unbefiedertes zweibeiniges Tier nur
haben kann, und kein Mensch versteht ihre Sprache. Sie sollen
nahe bei China her sein. Unter solche Scheusale ist Dein armer
Bill geraten. Aber ich versichere Dir, daß sie niemandem etwas
tun, wenn man ihnen auch, was doch nicht leicht geschieht, begegnet.
Mit inniger Liebe Dein    H.

118. Humboldt an Caroline               Tilsit, 2. Oktober 1809

Es ist mir recht trostlos, liebe Li, das ich Dir von der
Reise nur so wenig schreiben kann. Wenn Du aber
mein schwarzes cortège sähest, würdest Du begreifen, daß
mir überaus wenig Zeit übrig bleibt. Seit Gumbinnen bin ich
in wilden Gegenden herumgezogen, durch Orte, wo schon die Namen
erschrecken. Allein zum Teil sind die Gegenden doch hübsch. Der
Niemen (Memel) hat ziemlich hohe Ufer, ist ein breiter Strom,
hie und da mit Inseln, und hinter ihm schließen Hügel eine ziemlich
weite Fläche von Wiesen ein. Freilich alles wie dürftig und farblos!
Ach, vorgestern abend ging die Sonne, wie man hier sagt, schön
unter, der Himmel teilte sich so in ein kleines flockiges Gewölk,
das die letzten Strahlen der schon heruntergesunkenen Sonne noch
beleuchteten. Wie brennt das, gleich glühendem Erz, in Italien,
wie falb, kaum goldgelb, war es hier. Das Andenken an das
Verlorene hat mich tief ergriffen. Ach, siehst Du wohl manchmal
zum Mond, zum Jupiter? Ich nie, ohne zu denken, daß
vielleicht Dein liebes Auge daran hängt. Wann werde ich sie
wiedersehen, die wundersüßen Augen? Ach, könnte ich nur einmal
meine Hand auf sie legen, die Deine auf den meinigen fühlen.

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