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[ Band 3 Brief 81: Caroline an Humboldt Rom, 3. Junius 1809 ]
81. Caroline an Humboldt Rom, 3. Junius 1809 Gestern, geliebtes Herz, habe ich einen verspäteten Brief und einen durch Welcker *) vom 2. Mai bekommen. Du erwähnst so lieb des Monats Mai. Wohl ist’s ein Monat der Schmerzen und der Freude. Ich war noch gestern beim Testaccio und bestellte ungern beim Weggehn, daß man das Gras schneiden sollte, denn es steht so hoch und ist durchaus mit so hohen Purpurrosen, Coquelico, bedeckt, daß die Säulen und die Pinie, die nicht ganz klein ist, nicht mehr zu sehen waren. So verschlingt die blühende Vegetation und das innere Leben der Erde selbst die Spur der Gräber. Ich kann nicht sagen, wie die dunkle Farbe der unzähligen Rosen dazu beitrug, dem Ort einen eigenen Charakter zu geben. Die Bäume, die wir zwischen die Zypressen pflanzen ließen, tragen eine lila Blüte, die wie Vanille riecht. Da dacht ich an Dich, mein liebes Herz, an die Kinder, an die Lebendigen und Toten und saß lange allein auf dem kleinen Kapitäl, indessen die Kinder draußen herumsprangen. Auch mir war es so oft schmerzlich, daß die kleine Luise so entfernt liegt. Die Süße! Ihr Leben war ein Blick und Verschwinden. Ach, wie tief fühle ich Deine Sehnsucht nach den Gräbern der Kinder und nach diesem Himmel! Zu Deinem Geburtstag, mein teures Herz, habe ich Dir ein Ge- schenk machen lassen, das ich Dir freilich wohl erst in Berlin darbringen werde. Spät oder früh, weiß ich aber gewiß, wird es Dich freuen. Es ist das Bild der Adelheid und Gabrielle in einer Gruppe von Schick **) gemalt. Es ist vielleicht das Schönste, was Schick gemacht hat, und wird an Ausführung Carolinens Porträt übertreffen. Ich ——— *) Vgl. S. 169. **) Das bekannte Bildnis der beiden Schwestern, das auch als Titel- bild die Biographie »Gabriele v. Bülow« schmückt. 175