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[ Band 3 Brief 80: Humboldt an Caroline Königsberg, den 2. Junius 1809 ]
Die Sache löst sich auf und geht zu Ende. Wer die Zügel fahren läßt, kann auch sehr geduldige Pferde nicht mehr lenken. Wie lieblich die Einquartierung hier ist, kannst Du daraus sehen, daß, wo sie hinkommt, dem Hauseigentümer mit seiner ganzen Familie buchstäblich nur eine einzige Stube geblieben ist. Solche Agréments hat jeder Hausbesitzer seit dem Kriege hier sehr oft. Doch hat sonst Königsberg weniger durch den eigentlichen Krieg und nur mehr durch den gesperrten Handel gelitten. Aber im Lande ist die Not sehr groß. In einem Teil des Ermellandes ißt man wieder Brot aus Holz. Dies ist ganz buchstäblich wahr, und zwar nicht wie in Norwegen aus der doch wohl mehr Saft enthaltenden Borke, sondern aus den jungen Zweigen, die man im Frühjahr abschneidet, trocknet, zerreibt und so zerrieben einer kleinen Quantität Mehl beimischt. Und die Minister behaupten, daß einer solchen offenbar nicht nährenden, ungesunden Nahrung nicht abzu- helfen sei!! — Für die Anzeige der Ausgaben für Kunstsachen vom Januar bis März danke ich Dir sehr. Es schmerzt mich äußerst, daß ich gegenwärtig nicht mehr darauf wenden kann, vielmehr mit allen größeren Einkäufen innehalten muß. Wir sind leider jetzt im Grunde auf mein Gehalt reduziert. Kurz vor dem Abmarsch der Franzosen äußerte einer in einem gedruckten Aufsatz, daß nun die Hohenzollernsche Dynastie wieder ins Schloß kommen werde. Der damalige Zensor, kein Franzose, strich das, und auf Befragen um den Grund, sagte er bloß: sie ist ja noch nicht da. Darüber lachte neben der Indignation damals jedermann, weil der Hof in 14 Tagen erwartet wurde. Es ist sehr möglich, daß der König noch den ganzen Winter über hier bleibt. Lebe innigst wohl! 174