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[   Band 3 Brief 69:    Humboldt an Caroline    Königsberg, 2. Mai 1809   ]


mir übrigens nicht viel daran liegen, mich um das Theater und die
Zänkereien der Akteurs und Aktricen zu bekümmern, und für den
Kultus ist es nicht einmal recht anständig. Indes hat ihm doch
der König gesagt, daß die Sektion sich nicht bloß um die Sittlichkeit,
sondern auch um die Kunst beim Theater zu bekümmern habe, und
es ist ihm zugleich geäußert worden, daß der König ihm nur aus
persönlicher Rücksicht für ihn erlaube, sich geradezu und unmittelbar
an ihn zu wenden.
Sack *), das wird Rauchen amüsieren, wollte auch Kurator
der Kunstakademie bleiben, und die Sache hatte sich solange
ich in Berlin war, so hingeschleppt. Allein heute geht ein
Reskript ab, das seiner Einmischung ein Ende macht. Du siehst,
liebe Li, daß ich manchen kleinen Krieg führe, indes der große in
Deiner und meiner Nähe — wie entfernt wir auch sind —— vorgeht.
Im Herzogtum Warschau ist, bis auf wenig bedeutende Vor-
teile der Österreicher, nichts Merkwürdiges vorgegangen, und in
Bayern sind die Österreicher geschlagen. Doch das wirst Du früher
und besser wissen, als wir hier.
Alexanders Finanzen sind zum Verzweifeln. Der älteste in
Hamburg etablierte Mendelssohn hat nach Berlin geschrieben, daß
er ihm Geld, es scheinen einige tausend Taler zu sein, vorgeschossen,
und ihn so gefunden habe, daß er sich manchmal in Verlegenheit
um wenige Livres befände. Ich weiß ihm nicht zu helfen. Er ist
an Friedländer 12000 Taler zu 10 Prozent, vielleicht gar 12 Prozent
schuldig. Wo will das hinaus? Hier ist kein Rat zu schaffen.
In den Marken und hier in Preußen (in Schlesien ist’s vermutlich
nicht anders) gibt man 12—15 Prozent bei Sicherheit. Er muß
ein Anlehen in Paris suchen.
Ich muß jetzt schließen, liebste Li. Dieser Monat ist der

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*) Sack hatte 1809 den Kurator der Kunstakademie vertreten.

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