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[ Band 3 Brief 67: Humboldt an Caroline Königsberg, 25. April 1809 ]
mich mit unbeschränktem Vertrauen und wirklicher Herzlichkeit, und beträgt sich jetzt hier gut und sehr klug. Am meisten beschäftigt er sich aber mit seinem Justizdepartement. Scharnhorst, mit dem ich auch auf einem sehr freundschaftlichen Fuß bin, hat mich vom ersten Augenblick an durch eine zufällige, aber doch nicht ein- gebildete Ähnlichkeit gefesselt. Er hat nämlich in einem gewissen Niederschlagen der Augen, einer ruhig bescheidenen Verschränkung der Arme, und im stillen, aber festen und bestimmten Ton der Stimme eine auffallende Ähnlichkeit mit Schlabrendorff in Paris. Ich möchte ordentlich, daß Du ihn sähest, um zu hören, ob Du es auch findest. Er ist ein sehr gescheuter, origineller Mann, zugleich von liebenswürdigem und großem Charakter, der unter einem den meisten wenig versprechenden, beinah träumerischen Ansehen sehr viel verbirgt. Er bezeugt mir viel Vertrauen, und ich sehe ihn ziemlich oft. Neulich war eine Art Kinderfete bei der Prinzessin Radziwill, wo König und Königin auch waren. Beide waren sehr gütig gegen mich, die Königin sprach sehr lange und viel. Sie ist durch Prinz George *) sehr mit Rom und mit den Kleinigkeiten seines und unseres damaligen Lebens bekannt. L’Ariccia, Albano usw. Es hat mich auf eine wehe Weise in jene Zeiten versetzt. Ich habe mit ihr von Rauch gesprochen, aber noch nichts bewirken können. Sie sind jetzt selbst nicht reich. Gestern morgen schrieb sie mir eigenhändig, um mich zu erinnern ihr die Literarische Zeitung zu schicken, in der Deine Beschreibung der Raffaelschen Bilder in Spanien abgedruckt ist, von der ich ihr gesagt hatte. Denn Du weißt wohl gar nicht, liebe Seele, daß Du da erschienen bist? Auch mich hat es über- rascht. Aber ich habe die Beschreibungen ordentlich bewundert. Sie sind so unglaublich kurz und sagen doch so viel. Wenn ich ——— *) Siehe S. 106. 144