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[ Band 3 Brief 67: Humboldt an Caroline Königsberg, 25. April 1809 ]
67. Humboldt an Caroline Königsberg, 25. April 1809 Es ist 5 Uhr, liebe Li, und ich denke mir Dich noch in Deinem großen, schönen Bett. Ich wohne hier sehr freundlich. Ich habe rund herum eine freie Aussicht, und zum Teil eine barocke, da Königsberg auf Hügeln gebaut ist, und ich z. B. über den Dächern aus einem meiner Fenster noch ganze Häuser hervorragen sehe. Die Leute behaupten daher auch, es hätte eine Ähnlichkeit mit Rom. Das ist aber, wie die Li sagt, nur ein feierlicher Ausdruck, das weiß Gott. Das Haus, wo ich wohne, ist dasselbe, was der jetzige König von Neapel *) bewohnte, als er hier war, ob ich gleich nur ein paar Zimmer sehr bescheiden davon einnehme. Aber ich habe ein großes mit fünf Fenstern, wo ich schlafe und wo ich Dir jetzt schreibe, das die Sonne sehr freundlich bescheint. Im Sommer muß es sehr heiß sein, allein sollte ich dann mich noch hier aufhalten, so habe ich ein anderes gegen die Abendseite, wo ich die Sonne über einer ganz freundlichen Wiese untergehen sehe. Der Garten beim Hause, auf den meine Fenster gehn, hat den Ruf, der schönste in Königsberg zu sein, und er hat Zwergstatuen aus Sandstein, Vexierfontänen, und der Buchsbaum schneidet einem gar gefährliche Nasen. An Bewegung fehlt es mir nicht. Ich gehe viermal zu Dohna und zurück, weil ich mittags und abends bei ihm esse. Dohna ist die Liebe selbst mit mir, und soviel es jetzt sein kann, sind wir froh miteinander. Es essen bloß seine Brüder, unter denen die drei Militärs, vorzüglich der Flügeladjutant des Königs, sehr brav sind, mit uns, das Essen ist nicht übel, und kurz, ich höre was vor- gefallen ist und habe täglich Gelegenheit, was mich interessiert, mit ihm abzureden. Auch mit Beyme **) bin ich sehr gut. Er behandelt ——— *) Joachim Murat, seit 1808 König von Neapel. **) Siehe S. 73. 143