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[ Band 3 Brief 60: Humboldt an Caroline Berlin, 4. April 1809 ]
Büsching *), der die Nibelungen herausgegeben hat, sich mit alt- deutschen Sachen beschäftigt und gern auf dem Vatikan arbeiten will. Doch suche ich ihn erst näher zu kennen, ehe ich ihn empfehle. Sein Äußeres ist gefällig. Goltz protegiert Scholtz, aber es scheint angenommen, daß ich die Stelle vergeben soll, und ohne mich geschieht’s schwerlich. Sage mir ja mit umgehender Post, was Du willst, ich richte mich sehr danach. Scholtz ist verheiratet, Lehndorff kränklich. Allenfalls könnte Büsching Lehndorffs Sekretär sein. Mit den polnischen Geldern ist seit heute ein großer Strahl von Hoffnung. Alexander ist durch den König von Sachsen aus- genommen von der Maßregel des Arrests, und da mein Ver- mögen mit Alexander seinem so nahe zusammenhängt, so hilft das indirekt auch uns. Überhaupt, liebe Li, es ist sehr traurig, daß wir nicht beisammen sind, ich bin unendlich schwermütig manchmal gestimmt, aber unnütz bin ich hier nicht, auch nicht für uns. Ich bin unaufhörlich tätig. Es ist ein wunderbares Schicksal, daß der Anfang unseres Zusammenlebens so ruhig und schön war und das Ende so gestört wird. Aber Ende ist auch ein eigenes und wunder- bares Wort. Wir sind, denk ich, nun in der Mitte, und ein froher Abend schimmert noch für uns in Rom. Das ist meine ewige, ewige Hoffnung. Ich war heute in einer Schulmeisterprüfung, wo ich ein Lied wählen mußte zum Singen. Ich habe singen lassen: »Sink immer hin mein Leib in Staub«. Das ist doch jetzt die natürliche Stimmung der meisten Menschen. Die Frauen und selbst Mädchen hier zeigen sehr viel Charakter und Geist. Noch gestern habe ich einen Brief von einer Anonyma gelesen, in dem ——— *) Johann Gustav Büsching, geb. 1783, † 1829, um deutsche Kunst und Altertumskunde verdienter Schriftsteller, später Professor der Altertums- wissenschaften. 129