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[ Band 3 Brief 59: Humboldt an Caroline Berlin, 1. April 1809 ]
59. Humboldt an Caroline Berlin, 1. April 1809 Es tut mir sehr leid, liebe, teure Seele, Dir sagen zu müssen, daß ich vermutlich in sehr wenig Tagen nach Königsberg reisen muß. Goltz ist gekommen, und es wird sich nun entscheiden. Auf keinen Fall bleibe ich jedoch lange, ich denke vier bis sechs Wochen aufs höchste. Ich reise ganz allein, bloß mit meinem Bedienten. Die Gräfin Goltz, die nur sechs Tage von Königsberg unterwegs war, sagt, daß sowie man von hier über die Weichsel kommt, noch alles in Schnee und Eis starrt. Welch ein Land, gegen das Berlin und Tegel Italien sind! Wenn der Mensch einmal das Gute verläßt, muß es mit ihm immer schlimmer werden, das fühle ich recht lebendig. Das Buch von Arndt will ich gewiß lesen. Ich hatte es schon einmal in Erfurt bei der Recke in Händen, allein der Anfang gefiel mir nicht und ich ließ es liegen. Wohl, liebe, teure Seele, wirst Du Dir nie einen Vorwurf zu machen haben, wie leise er auch sei. Du bist das Reine des Reinen, und gewiß muß das das allgemeinste Urteil sein, was alle über Dich aussprechen. Es ist auch das, was sich so vorzugsweise in Deinen Zügen und Deinem Auge ausdrückt, himmlische Reinheit und ruhig milder Ernst. Bist Du mit einem Mädchen zufrieden, so bin ich es gar sehr. Ich ziehe die Mädchen sogar vor. Sie sind lieblicher und leichter zu erziehen, und das Verhältnis eines Vaters zu Töchtern hat etwas sehr Hübsches, das selbst durch die Scheidewand, welche das Geschlecht setzt, noch erhöht wird. Die Leute in unserm Rechnungsbuche kannst Du nicht alle tilgen. Fernow kannst Du streichen und ebenso Levetzow, diesen weil er bezahlt hat, jenen weil er nie bezahlen wird. Ich habe aber doch das Vergnügen gehabt, förmlich zum Besten seiner Kinder zu renunzieren. Hardenberg und die Sartoris (er ist tot) sprechen vom Bezahlen, aber erfolgt ist nichts bis jetzt. 126